„Steinbrück ist ehrlich und sagt, was er denkt“

Kristian Kaiser, neuer Chef der NRW-Jusos, über den Zustand der SPD und die Wahlchancen des Ministerpräsidenten

taz: Warum wollten Sie Juso-Vorsitzender in Nordrhein-Westfalen werden, Herr Kaiser?Kristian Kaiser: Wir wollen in der SPD eine sozialer ausgerichtete Politik vorantreiben. Und dafür sind die NRW-Jusos der richtige Ort, denke ich. Politisch interessiert war ich schon mit 15 Jahren. Damals habe ich in Baden-Württemberg gewohnt und mich für Jugendgemeinderäte eingesetzt. Mit 17 bin ich dann in die SPD eingetreten.

Welche inhaltlichen Projekte wollen Sie als Juso-Chef angehen?Wir müssen eine Sozialstaatsdebatte führen. Statt einer stupiden Abbauideologie braucht dieses Land eine Diskussion darüber, wie wir solidarisch leben wollen. Dabei darf es nicht darum gehen, junge Leute gegen Alte aufzuhetzen. In diese Zukunftsdebatte, etwa um eine solidarische Bürgerversicherung, werden sich die NRW-Jusos einschalten. Und wir müssen darüber reden, wie wir zukünftig leben und arbeiten wollen. Wo, in welchen Branchen, entstehen die Arbeits- und Ausbildungsplätze von morgen?

Müssen Sie da nicht erstmal mit den NRW-Spitzengenossen diskutieren. Aktuell kämpft die SPD bundesweit für eine Ausbildungsplatzumlage. Nur NRW-SPD-Chef Harald Schartau und Ministerpräsident Peer Steinbrück sind dagegen.Wir befinden uns im Gespräch mit Harald Schartau und Peer Steinbrück. Sicher, wir haben da einen Dissens. Beide sind noch nicht überzeugt, dass wir das Zukunftsthema Berufsausbildung auch über eine Umlage-Regelung angehen müssen. Ein netter Konsens mit der Wirtschaft hat die Probleme am Lehrstellenmarkt nicht lösen können. Darüber reden wir mit Schartau und Steinbrück.

Aber was gibt es da noch zu reden? Es existieren doch klare Parteitags- und Fraktionsbeschlüsse zu diesem Thema.Wir wollen beide überzeugen, dass sie mitmachen bei der Umlage. Über Parteitagsbeschlüsse kann man sich nicht einfach hinwegsetzen.

Wie würden Sie allgemein den Zustand der NRW-SPD im Kommunalwahljahr beschreiben?Es war die NRW-SPD, die auf dem Bochumer Bundesparteitag für ein klares, soziales Profil der Sozialdemokratie eingetreten ist. Das war die Message, das fanden wir gut.

Glauben Sie, dass die NRW-SPD und Ministerpräsident Steinbrück gerade für junge Wähler attraktiv sind?Es geht nicht nur um Personen, sondern um Inhalte. Wir müssen deutlich machen, was uns von der rückständigen CDU unterscheidet, etwa in der Familienpolitik.

Und Steinbrück?

Peer Steinbrück ist ehrlich. Er sagt, was er denkt. Junge Wähler wird das bei einem Politiker angenehm überraschen.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER