: Steffel bleibt auf Sendung
CDU-Fraktionschef Frank Steffel setzt sich in einer Machtprobe durch und wird Rundfunkratsmitglied. Unter den 35 Unionsabgeordneten kann er sich aber nur noch auf eine knappe Mehrheit stützen
von STEFAN ALBERTI
Für Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) war klar, warum sie vor dem Sitzungssaal 311 des Abgeordnetenhauses warten musste. „Die CDU löst sich gerade auf“, erklärte sie dem neuen Gerichtspräsidenten, den sie der Union vorstellen wollte. Der Fraktionschef, der wenig später durch die Saaltür kam, hatte zwar durchaus noch Konturen und Festigkeit. Frank Steffel hat sich in einer Kampfabstimmung noch einmal durchsetzen können. Das Lösungsmittel aber war sichtbar. Nur 18 von 34 anwesenden Fraktionsmitgliedern stimmten für ihren Chef. Bei der Fraktionsvorstandswahl im Oktober 2001 hatten ihn noch 28 unterstützt.
Mit einer Stimme weniger hätte Steffel unter der absoluten Mehrheit in der insgesamt 35-köpfigen Fraktion gelegen. 13 Stimmen für Gegenkandidatin Monika Grütters, 2 Enthaltungen und 1 ungültige Stimme lautete das restliche Ergebnis der Abstimmung, in der es offiziell nur um einen Gremiensitz ging. Allein der für die CDU reservierte Posten im Führungsgremium des neuen, aus SFB und ORB fusionierten Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg war zu besetzen. Medienexpertin Monika Grütters, bisher Vize im SFB-Rundfunkrat, wollte ihn, Steffel überraschend auch – damit man Verhandlungspartnern „auf Augenhöhe“ begegnen könne. Andere Fraktionen würden schließlich auch ihre Chefs schicken.
Inoffiziell aber testete Steffel die Stimmung in der Fraktion aus, ohne sich einer echten Vertrauensfrage aussetzen zu müssen. Grütters ist nicht nur Medienexpertin, sondern auch Fraktionsvize und ausgewiesene Steffel-Kritikerin. Gegner wie Anhänger Steffels hatten die Abstimmung deshalb als Machtprobe verstanden.
Der Fraktionschef steht seit Monaten unter anderem wegen seiner miserablen Umfragewerte in der Kritik. Zuletzt hatte er Parteifreunde mit einem Thesenpapier zur Neuausrichtung der CDU vergrätzt. Der früheren Parteiführung um Exlandeschef Eberhard Diepgen warf er dabei Klientelpolitik vor. Diepgen und Exwirtschaftssenator Elmar Pieroth hatten darauf harsch gekontert. Als möglicher Nachfolger gilt der frühere Finanzsenator Peter Kurth. In der Fraktion aber sahen sich Steffel-Gegner schon vor der gestrigen Abstimmung in Minderheit.
Der Abgeordnete Karl-Georg Wellmann aus Steglitz-Zehlendorf heizte die gestrige Debatte im Saal 311 an, als er Steffel vor Sitzungsbeginn zum Rücktritt vom Fraktionsvorsitz aufforderte. „Ich glaube, dass er damit sich selbst und der Berliner CDU sehr viel weiteren Schaden erspart“, sagte Wellmann in Mikrofone und Notizblöcke. Er war im Frühjahr maßgeblich daran beteiligt, dass der frühere Kultursenator Christoph Stölzl und nicht Steffel CDU-Landesvorsitzender wurde.
Nach der Abstimmung – CDU-Auflösungsanalytikerin Schubert war schon weg – packten beide Seiten in öffentlichen Stellungnahmen den Weichspüler aus. Er habe ein gutes Ergebnis erzielt „mit einer außerordentlich akzeptablen Gegenkandidatin“, sagte Steffel. Grütters mochte von einer verkappten Vertrauensfrage nichts wissen: „Es ging um die Sache, den Rundfunkrat. Das war keine Abstimmung über den Fraktionsvorsitzenden.“ Auch dass Steffel nur 18 Fraktionsmitglieder hinter sich brachte, wollte sie nicht allein als Kritik am Fraktionschef werten: „Ich hoffe doch, dass die Fachkompetenz der Gegenkandidatin eine Rolle gespielt hat.“
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