Staubsauger verursachte Brand im AKW: Das Atomkraftwerk der Vergesslichen
Ein im Reaktordruckbehälter zurückgelassener Staubsauger ist Ursache des Feuers im schwedischen AKW Ringhals. Der Reaktor wird seit Mai saniert.
STOCKHOLM taz | Es ist vermutlich der teuerste Staubsauger, den sich Vattenfall je angeschafft hat. Vergessen im Reaktordruckbehälter des AKW Ringhals, verursachte dieser Industriestaubsauger nämlich einen Brand, der den Reaktorbetreibern - neben dem Staatskonzern ist das mit einem 30-Prozent-Anteil die schwedische Eon-Tochter - am Ende mehrere hundert Millionen Euro kosten dürfte. Zudem zeigt der Brand erneut, wie überfordert Vattenfall ist, seine Atomreaktoren vorschriftsmäßig zu betreiben.
Am 10. Mai 2011 war im Reaktor 2 des nahe Göteborg liegenden AKW Ringhals ein Brand ausgebrochen. Dessen Ursache machte erst ein Bericht der Strahlenschutzbehörde SSM in der vergangenen Woche bekannt.
Um Geld zu sparen, war eine geplante Druckprüfung des Reaktorbehälters um drei Tage vorverlegt worden. Eine Anweisung an das Personal, vorher alles herauszuräumen, was dort nichts zu suchen hatte, wurde vergessen. Und bei einer speziellen Inspektion vor dem Test wurden sowohl Staubsauger wie andere Plastikteile, die dort herumlagen, übersehen.
Als der Druck erhöht wurde, gab es im Staubsauger einen Kurzschluss. Dadurch fing der Staubsauger Feuer und steckte die herumliegenden Plastikgegenstände an.
Aufwändige Sanierung
Die Sanierungsarbeiten im Reaktor sind äußerst aufwändig, dauern seit Mai an und sollen bis Mitte Dezember abgeschlossen sein. Sie und der mindestens siebenmonatige Ausfall der Stromproduktion von Ringhals 2 werden allein Kosten von über 200 Millionen Euro verursachen, so Schätzungen.
Damit nicht genug: Bei den Aufräumarbeiten nach dem Brand wurden in Rohren des Notkühlsystems dieses 36 Jahre alten Reaktors Hinterlassenschaften von Schweißarbeiten aus den 1980er Jahren entdeckt. Dichtungen waren damals in den Steigrohren vergessen worden und behinderten den ordnungsgemäßen Wasserdurchfluss. Was erstaunlicherweise bei keiner Inspektion der letzten drei Jahrzehnte entdeckt worden war.
Die Strahlenschutzbehörde ordnete daraufhin die Abschaltung und Überprüfung aller vier Ringhals-Reaktoren an. Zwei sollen in der kommenden Woche wieder ans Netz gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden