■ Kommentar: Stasi West
Das war überfällig: Endlich kann sich der niedersächsische Landtag daranmachen, die Überprüfung seiner Abgeordneten auf Stasi- Mitarbeit zu regeln. Dabei läßt das Gutachten des Staatsgerichtshofs einige Wünsche offen. Daß die Überprüfung nur auf eigenen Wunsch geschehen soll, das klingt zwar ganz doll nach „kein pauschaler Vorverdacht bei pauschaler Überprüfung“, die Regelung geht aber gnadenlos an der Realität vorbei. Gerade haben wir einen Bremer Fall, bei dem ein Abgeordneter noch nichtmal die Arbeit für den Verfassungsschutz zugibt, und er hat im Gegensatz zu den Stasi- Fällen dabei keine strafrechtlichen Konsequenzen zu fürchten, weil es sich beim Verfassungsschutz nicht um einen feindlichen Dienst handelt - naja, nicht so direkt. Der Spitzel, der sich selbst hochgehen läßt, das ist ein hanebüchener Unsinn, auf dem die Niedersachsen jetzt ein ganzes Gesetz zusammenbasteln.
Aber immerhin: Bei den Bremer Nachbarn wird wenigstans nachgedacht über das Thema. Im Bremer Parlament dagegen ist es mausetot. Die Bremer SPD vor allem war es, die jede Regelung schon im Vorfeld abgeblockt hat. Alle die die Überprüfung nicht wollen und das Stasi- Thema sowieso für schädlich halten, konnten sich bislang relativ sicher fühlen. Schließlich waren alle Akten der Westspitzel vernichtet worden. Dachte man. Aber jetzt tauchen sie Stück für Stück aus anderen Archiven wieder auf. Joachim Gauck prophezeit uns, daß nun auch Stasi-West nach und nach enttarnt wird. Wenn das losgeht, dann aber blüht die Spekulation.Wäre besser, die Bremer Politik würde das regeln, ehe es zu spät ist. Jochen Grabler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen