Stasi-Skandal im Fussball: BFC Uniamo
Seltsam: Proteste von Union-Fans gegen Präsident Dirk Zingler und dessen Dienst im Stasi-Wachregiment bleiben aus. Sie wollen den Blick offenbar wieder aufs Sportliche lenken.
BERLIN taz | Eine Demonstration? Die gab es. Pro Legalisierung von Pyrotechnik. "1. FC Union, du sollst leuchten" stand da, eine hübsche Choreografie. Man hätte etwas anderes erwarten können am Ende einer schwarzen Woche, die vor allem von einem Thema beherrscht wurde: Dirk Zingler, der Präsident, leistete drei Jahre Dienst im Wachregiment Feliks Dzierzynski des Ministeriums für Staatssicherheit. Und das kommt ausgerechnet bei Eisern Union vor, einem Klub, der in der DDR so etwas wie der Gegenentwurf zum verhassten Stasi-Klub BFC Dynamo war.
Die Emotionen kochten hoch. Mehr als 100.000 Zugriffe im Fanforum innerhalb von fünf Tagen gab es zum Thema. Doch dann: keine Sprechchöre, nur ein Transparent und ein paar Zettelchen am Samstag im Stadion an der "Alten Försterei". "Pro DZ". Für Zingler. Sie wollten den Blick offenbar wieder aufs Sportliche lenken. Aber auf andere Weise. 0:4 hieß es aber nun gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth. "Das ist ein dickes Ding, so den Heimauftakt zu verlieren", sagte Trainer Uwe Neuhaus sichtlich gezeichnet.
Und so hatten die Fans bei der Heimfahrt ein anderes Thema als beim Gang ins Stadion: Abwehrschnitzer statt Stasi. Hinterher war viel die Rede davon, ob das Stasi-Thema Einfluss aufs Spiel gehabt hätte. "Ich hoffe jetzt nicht, dass die Niederlage damit in Verbindung gebracht wird", sagte Kapitän Patrick Kohlmann. Neuhaus indes verstieg sich zu der Aussage: "Wenn man mal das Ergebnis weglässt, dann war das genau die richtige Reaktion." Er meinte wohl die Reaktion des Publikums pro Zingler.
Er und sein Team gingen nach der Klatsche sogar noch auf eine Ehrenrunde. Den Schulterschluss suchend mit dem Publikum, wohl wissend, "dass man als Fremder denken muss: Sind die bekloppt?", so Neuhaus: "Aber das ist bei uns so üblich." Zuvor, beim Warmmachen der Profis, hatte Christian Arbeit, Presse- und Stadionsprecher, auf dem Rasen Erklärungsbedarf. Seine Ausführungen blieben weit unter dem Niveau, das die Diskussion im Internet erreicht hatte. Da legten Menschen ihre eigene DDR-Geschichte offen und versuchten, Zinglers Rolle einzuordnen. Es wurde kontrovers diskutiert, mancher ist unversöhnlich, weil er gelitten hat unter der Stasi.
Aber der allgemeine Tenor ist ein anderer: Da ihr Präsident kein IM war, sind die meisten bereit, ihm zu verzeihen. Während der in seiner Glaubwürdigkeit erschütterte Aufsichtsrat immer noch recherchiert, wem im Gremium Zingler "es" 2004 gesagt hat und wem nicht, bleibt weiterhin die Frage offen: Warum mussten es die Fans aus der Zeitung erfahren?
Eine persönliche Ost-West-Fehde
Arbeit fragt sich das nicht. Er, im täglichen Kontakt mit Zingler, will es seit langem gewusst haben. Und er reduzierte das alles auf einen platten Nenner: Eine persönliche Ost-West-Fehde sei das. Wer nicht im Osten geboren wurde, könne gar nicht mitreden: "Ich glaube nicht, dass wir uns die Dinge von Leuten erklären lassen müssen, die damals gar nicht hier waren." Im Stadionheft wurde ähnlich argumentiert: Union sei dem "Hauptstadtklüngel" schon immer "ein Dorn im Auge" gewesen.
Mancher bedauerte, dass Dirk Zingler nicht selbst vor Ort war. Er weilte noch im Urlaub. PR-technisch war die ganze Woche ein Desaster. Und es geht unschön weiter: Am Montag trifft sich Union mit seinem ehemaligen Manager Christian Beeck vor dem Arbeitsgericht. Es wird um Geld gestritten, 270.000 Euro.
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