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KOMMENTARStarkes oder schwaches Europa?

■ Zum EWS-Beitritt des britischen Pfundes

Einige mögen es heiß. Französische Blätter vom Wochenende sahen schon, daß sich Maggie Thatcher mit dem Beitritt des Pfundes zum Europäischen Währungssystem der EG ausliefere — und damit der deutschen Dominante des Euro- Moneys, nämlich der Bundesbank mit ihrer D-Mark. Andere stapeln tief: Der Beitritt sei vor allem ein geschicktes Wahlkampfmanöver, das innerhalb Großbritanniens wirken solle. Maggie Thatcher habe ihre Haltung zur EG im Grunde genommen nicht geändert, und auch die EWS-Mitgliedschaft sei nicht notwendig ein Zeichen dafür, daß sich die Eiserne Lady irgendeinem Diktat aus Brüssel oder Frankfurt zu beugen gedenke.

Zweifellos ist die einst Eiserne Lady spätestens seit dem für sie katastrophalen Ausgang der letzten Europa-Wahlen stark angerostet. Wie stark die proeuropäische Fraktion in den eigenen Reihen geworden ist, hat der Rücktritt ihres Schatzkanzlers Lawson gezeigt. Und wirtschaftlich bewegt sich das Land in eine schwere Rezession hinein. Andererseits: Mit ihrem jüngsten Vorschlag, doch auch Polen, Ungarn und die CSFR in die EG aufzunemen, hat Thatcher deutlich zu erkennen gegeben, daß die EG für sie weiterhin nur als Staatenbund und nicht als Bundesstaat denkbar ist. Und nichts deutet darauf hin, daß sie jetzt etwa die von der EG- Kommission geplante Wirtschafts- und Währungsunion befürworte.

Mit dem Beitritt hat sie sich auf jeden Fall ökonomischen Rückhalt bei der Inflationsbekämpfung besorgt und der pro-europäischen Stimmung auf der Insel eine Konzession erteilt. Die Reihenfolge, erst die Inflation zu senken und dann dem EWS beizutreten, ist ausgetauscht: Jetzt soll mit der im EWS notwendigen Disziplin die Geldentwertung eingeschränkt werden. Anders als zu Zeiten der seligen Währungsschlange ist es politisch nahezu unmöglich, das EWS wieder zu verlassen — dafür wird das britische Kapital sorgen. Der erste Schritt ist gemacht, und ihre NachfolgerInnen werden es ihr einst danken.

Nur unter das Diktat der Bundesbank ist sie noch nicht gekommen. Denn eigentlich verweist der britische Beitritt nicht auf die Stärke des EWS, sondern auf seine Schwäche. Nachdem die PolitikerInnen des Kontinents jahrelang euphorisch den Binnenmarkt und die einheitliche Währung Ecu begrüßt haben, sind die Fachleute in ein kaum noch zu entwirrendes Knäuel von Sachproblemen verstrickt — von der Vereinheitlichung der Mehrwertsteuer bis zur Subventionierungspolitik. Der Binnenmarkt wird 1992 noch längst nicht „vollendet“ sein. Auch die erste Stufe des EWS, am 1. Juli in Kraft getreten, dient kaum mehr als der verbesserten Kommunikation unter den beteiligten Zentralbanken. Schon befürwortet die Bundesbank, für das EWS lieber überhaupt keinen Zeitplan mehr vorzusehen, so sehr kollidieren die politischen Wünsche und die wirtschaftlichen Realitäten. Da liegen zwei Spekulationen nahe. Ginge es mit der Währungsintegration tatsächlich voran, wäre Thatcher nicht beigetreten. Und: Mit dem Beitritt des Pfundes wird sich die Hegemonie der Bundesbank in der EG bestimmt nicht verstärken. Dietmar Bartz

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