Stark gestiegene WG-Preise in Berlin: Fast so teuer wie München
Eine Untersuchung aktueller Inserate zeigt: Für Studierende und Auszubildende sind selbst WG-Zimmer kaum noch bezahlbar.
Hinter dem Inserat verbirgt sich natürlich keine Privatperson, sondern ein junges Start-up mit dem wohlklingenden Namen Urban Elite. Das Geschäftsmodell: voll möblierte WG-Zimmer vermieten, an junge, internationale Berufstätige, und das Ganze dann in Abgrenzung zum Studierenden-Pöbel „Co-Living“ zu nennen.
Angesichts solcher Anzeigen sind die Ergebnisse einer am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung des Moses Mendelssohn Instituts nicht weiter verwunderlich: Studierende, die zum Start des Sommersemesters ein WG-Zimmer in der Hauptstadt suchen, müssen im Schnitt 640 Euro dafür bezahlen. Damit hat Berlin selbst Frankfurt am Main und Hamburg hinter sich gelassen und ist mittlerweile hinter München die zweitteuerste Stadt für Studierende. 2013 kostete ein WG-Zimmer laut einer früheren Auswertung des Instituts im Schnitt noch 335 Euro – damit haben sich die Kosten innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt.
Energiekosten treiben Zimmerpreise hoch
Das Institut wertet regelmäßig zum Semesteranfang Anzeigen auf dem Online-Portal WG-gesucht aus, immer noch Marktführer im Bereich der Zimmervermittlung. Dass dort statt Privatpersonen, die neue Mitbewohner:innen für ihre Wohngemeinschaften suchen, immer mehr gewerbliche Anbieter Anzeigen schalten, sei insbesondere in Berlin zu beobachten, sagt Stefan Brauckmann, Geschäftsführender Direktor des Instituts, der taz. „Wir beobachten, dass verstärkt professionalisierte Anbieter möblierte Zimmer anbieten.“
Dass die Kosten für WG-Zimmer in Berlin so rasant gestiegen sind, liegt zwar in erster Linie an den allgemeinen Mietsteigerungen und den explodierenden Energie- und Nebenkosten. Anbieter wie Urban Elite tragen aber ebenfalls zu der Preisentwicklung bei, indem sie bezahlbaren Wohnraum verknappen und das Mietniveau heben.
Problematisch ist das vor allem für Studierende und Auszubildende, die mit ihrem mageren Einkommen kaum Chancen auf eine leistbare Unterkunft haben. Zur Veranschaulichung: die Wohnkostenpauschale im BaföG-Höchstsatz beträgt derzeit 360 Euro – eine Miete, von der man in Berlin nur träumen kann. Die Hauptstadt droht also für Studierende im größeren Maßstab zu etwas wie einer Urban-Elite-WG zu werden: ein exklusiver Club, in den nur die reinkommen, die es sich leisten können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär