piwik no script img

■ StandbildWas geschah mit Onkel Siggi?

„Dein Tod ist die gerechte Strafe“, Mi., 20.15 Uhr, RTL

Pamela (Susanna Simon) ist schön, das schützt sie aber nicht vor zwei großen Dummheiten. Erst heiratet sie einen Idioten (F. Fulton-Smith). Dann zieht sie bei einem Psychopathen ein. „Dein Tod ist die gerechte Strafe“, möchte man der Programmzeitschrift zunicken und den Fernseher unter keinen Umständen einschalten – wäre da nicht Jan-Josef Liefers, der Liebe, der Gute, der in dieser RTL-Groschenroman-Verfilmung unversehens in die Rolle des Schurken getrieben wird.

Ein Schurke, aber ein bedauernswerter: Entarteter Abkomme einer Militärdynastie. Vater im Starfighter gestorben, durch Selbstaufgabe eine Kleinstadt rettend. Mutter großartige Operndiva, ebenfalls früh verstorben – Mordopfer des eigenen Sohnes? Der sitzt am Anfang am Klavier, darauf eine Dante-Büste, um sich herum zahlreiche Orden, Uniformen, Flugzeugmodelle, Waffen, singt im Falsett eine Arie (seit „Philadelphia“ gewöhnlich ein dramaturgisches Anzeichen für TV-Homosexualität) und stellt sich dann ans Fenster, um die junge Familie zu begutachten, die gleich bei ihm einziehen wird. Wenn er aufsteht, sehen wir seinen Stock, seine Gehbehinderung: Krüppel und Psychokrüppel, Glöckner von Notre-Dame und Alan Bates.

Einen Kübel Klischees hat Jan-Josef Liefers alias Siegfried über den Kopf bekommen, aber ganz unglaubwürdig war er nicht, jedenfalls längst nicht so sehr wie die haarsträubende Geschichte. Diese treibt ihn nämlich dazu, nicht nur die Vormieterin umgebracht zu haben, sondern sich erbarmungslos auch an die aktuellen Mieter heranzumachen, natürlich zunächst sehr freundlich, das Kind von der Schule abholend, aber zwingend, zwingend, zwingend und unter dem penetranten Einsatz von Geigen und Celli auf ein furchtbares Verbrechen sinnend.

Und dann ist der Fernsehapparat des Kritikers ausgefallen, weshalb dieser auch nicht urteilen kann. Denn vielleicht hat sich alles noch zum Guten gewendet, vielleicht sind die Eltern Rabeneltern und der behinderte Onkel Siggi, Frührentner mit viel Zeit, ist der einzige, der sich richtig um Sohn Florian (L. Gruchenberg) kümmert. Vielleicht ist doch alles ganz anders gekommen, als es sich aber auch jeder nach zwanzig Minuten Filmgenuß unter der Regie von Wolfgang Mühlbauer ausrechnen konnte. Allerdings und leider, leider höchst unwahrscheinlich. Stefan Kuzmany

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen