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■ StandbildDer große Greis

Kulis Premiere in „Der große Preis“, Sa., 19.25 Uhr, ZDF

Er könnte sich längst auf seinen Lorbeeren ausruhen, aber Hans- Joachim Kulenkampff setzt alles daran, mit Comeback-Versuchen der Björn Borg der TV-Unterhaltung zu werden. Wenn irgendwer im deutschen Fernsehen noch ein fossiles Abfrage- Quiz wie „Der große Preis“ zelebrieren kann, dann er. Doch daß man so etwas 1993 nicht mehr machen kann, wurde bei seiner Premiere nicht minder deutlich. Es mag einen mit Wehmut erfüllen, aber wie die Prügelei auf die Filzkugel ist auch das Fernsehen im Laufe der letzten 40 Jahre schneller geworden. Und für Jubel über die ,Wiederentdeckung der Langsamkeit‘ bot dieser Ausbund an enervierender Einfallslosigkeit wahrlich keinen Anlaß.

Ein Konzept, das jeder Privatsender – wenn überhaupt – in maximal 15 Minuten am Vormittag durchgezogen hätte. Bildungsfernsehen mit der Dramaturgie einer Schulstunde: Kandidaten hocken unbeteiligt im Hintergrund, treten dann der Reihe nach ans Pult, um dem Onkel zu zeigen, ob sie ihre Hausaufgaben gemacht haben. Wie sich selbst ein fortwährender Stillstand noch durch das umständliche Verlesen von Lotteriegewinnern anhalten läßt, demonstrierten die Mainzer in Perfektion.

So ließ man das grausame Spiel über sich ergehen und lechzte nicht nur bei der Einblendung „Die nachfolgenden Sendungen verschieben sich...“ nach der Taste für den schnellen Vorlauf. Und Kuli machte Altherren-Witzchen („Sechs ist immer gut“), frotzelte über die Knauserigkeit des ZDF, produzierte Warteschleifen nach dem Schema „Wo kommen Sie her? Berlin? Ah, da hatte mein Schwager mal einen Bekannten...“, konnte bis zum bitteren Ende von Koketterien mit seinem Alter nicht lassen und hatte doch zunehmend seine Probleme mit den wahrlich hochkomplizierten Spielregeln. Als ihm dann endlich der Ausfall der Video-Wand Gelegenheit gab, etwas wie souveränes Improvisationsvermögen eines gestandenen Showmasters aufblitzen zu lassen, war es längst zu spät. Daß der Sieger des Abends sich als 18jähriger Abiturient vorstellte, aber aussah, als habe er schon mindestens 20 Jahre in Amtsstuben mit Ablagearbeiten verbracht, paßte denn auch noch ins Bild. Der „gute Zweck“ mag einiges an Mitteln heiligen, aber so was haben die Sorgenkinder denn doch nicht verdient. Reinhard Lüke

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