■ Standbild: Zwiebelzauberberg
„Guten Appetit“, ZDF, donnerstags, 13.45 Uhr
Unter uns Hausmännern, wer kennt das nicht: die vormittägliche Sonne lockt, die Vöglein brüllen, die Freundin arbeitet, und Herr Krähe ruft an, ob man sich nicht auf ein schnelles Bier im „Golgatha“ treffen wolle. Man schwankt, man wankt, man feuert die guten Vorsätze zum Teufel, pfeift sich eins auf die häuslichen Pflichten und will. Der Pfandflaschenberg frißt schließlich kein Brot (verwehrt allerdings inzwischen Ungelenkigen den Zutritt zur Speisekammer), und staubsaugen kann man auch noch im Herbst. Eine Idee für das Mittagessen läßt sich sowieso viel besser in der anregenden Atmosphäre eines Biergartens fassen.
Natürlich bleibt's nicht bei einem Bier, aber beim dritten Hefeweizen ist man immerhin schon dabei, Rezepte auszutauschen. Leider ist Herr Krähe keine große Hilfe, ernährt er sich doch ausschließlich von Pizza Margherita (Marke A + P, 1.39 DM). In großer Not erinnert man sich der Ankündigung der ZDF-Sendung „Guten Appeitit“, schafft dann doch den Abgang und kommt gerade noch rechtzeitig zum Vorspann nach Hause.
Johann Lafer betritt die Fernsehküche. Er sieht aus wie ein Zauberer. Schürzeschwenkend beginnt er seine Show. Auf dem Programm seht heute Petersilienwurzelschaumsuppe, ein Zaubertrick, der selten gezeigt wird. Leider muß ich relativ schnell feststellen, daß Lafer mogelt. Anstatt so ehrlich vorzugehen, daß man vor dem Fernseher nachkochen kann, arbeitet er mit unsauberen Methoden: Da haben sich plötzlich die Petersilienwurzeln selber zerlegt, Zwiebeln sind auf einmal angebraten, und während er die Aufmerksamkeit der Zuschauer mit einem tosenden Mixgerät auf seine rechte Hand lenkt und unverständliche Beschwörungen murmelt – ansottiert, köcheln, anschwitzen –, „zaubert“ er mit der Linken einen Topf kochende Suppe aus den unsichtbaren Tiefen des Backofens. Äußerst geschickt zwar, kein Zweifel, aber er hat natürlich nicht bedacht, daß das Weizenbier meine Reaktionszeit verlängert hat und mein Blick nicht schnell genug auf seine rechte Hand gewandert war, um sich täuschen zu lassen. Empört wende ich mich dem Weißwein zu, der eigentlich die Suppe spritziger machen sollte.
Als meine Lebensgefährtin eintrifft, habe ich große Mühe, die Situation zu erklären. Alle Indizien sprechen gegen mich. Letztlich besänftigt nur eine Einladung zum Italiener. Die Rechnung bekommt Lafer. Martin Sonneborn
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