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StandbildWerbefernsehen

■ "Tatort"

„Tatort“ So., 20.15 Uhr, ARD

Neues aus der Welt des schönen Scheins entsteht, wenn das Genre der Verkaufsästhetik sich mit polizeilicher Aufklärungsarbeit paart: Das Medium landet unversehens auf der Anklagebank, mit seinen eigenen Mitteln gestellt.

Daß der Kläger, Regisseur Thomas Bohn, sich in der Werbebranche auskennt (Goldener Löwe in Cannes für seinen amnesty-international-Spot), macht die Sache um so pikanter. Da steht auf der einen Seite die Agenturchefin. Auf riesigen Reklamewänden sucht die Mutter mit dem Foto der Kindsleiche den Mörder ihres Sohnes und macht mit dieser Kampagne gleichzeitig einen finanziellen Reibach. Auf der anderen Seite macht sich die Polizei zunächst ganz konventionell an die Arbeit, lernt schließlich vom Gegner und bringt am Ende den Mörder vermittels eines gezinkten Fotos zum Geständnis. Das Motiv „Kinderpornographie“ überhöht zudem die menschenverachtenden Praktiken der Werbewirtschaft, und der Name „Benetton“ ist als „Ballety“ nur unschwer zu dechiffrieren.

Gut und böse stehen gegeneinander, was den Überblick vereinfacht. Die Werbeseite bringt sehr bald einen Kinderschänder zur Strecke, der natürlich nicht der Mörder war, und die Polizei macht schließlich den Geliebten der Kindsmutter dingfest. Die Parallelkonstruktion ist handwerklich einwandfrei durchgeführt, die Geschichte stimmig.

Daß Thomas Bohn Bilder machen kann, war zu erwarten. Die Kamera ist mobil und einfallsreich, nur waren die Bilder an manchen Stellen so schön, daß man erwartete, gleich würde eine Halbfett-Margarine hervorgeholt. Das wurde wettgemacht durch die hervorragende Schauspielerführung. Überzeugend die Agenturchefin (Brigitte Karner); auch Ben Becker gab einen schönen Einstand, und Ulrike Folkerts mußte diesmal nicht mit einem Mann schlafen. Vielleicht spielte sie deshalb so locker. Eine sorgfältige Inszenierung bis in die kleinsten Rollen. Köstlich die Szene in der Gerichtsmedizin, schade, daß da noch nachgeklappt werden mußte.

Überhaupt hapert's bei Bohn vielfach am Schluß: Statt das aufgenommene Erzähltempo beizubehalten, läßt er die Geständnisszene unendlich verquatscht austrudeln. Doch sollen diese Kleinigkeiten nicht den Gesamteindruck trüben. Wir können für das Fernsehen nur hoffen, mehr von Thomas Bohn zu sehen. Roswitha Seidel

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