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■ StandbildFamiliengrab

„Polizeiruf 110: Schwelbrand“, Sonntag, 20.15, ARD

„Ein kleines Frühstück für meine kleine Frau“, beinahe hätte der kleine Polizist Martin Markwart ein gutes kleines Arschloch abgegeben. Sein Blick ist kalt, er motzt Penner, Kinder, Straßenmusikanten an und ist mit den Bankraten im Rückstand. Der Schwiegervater haßt Martin, und Martin haßt zurück. Mist, wenn der Familienfrieden im Eimer ist, doch genau daraus ist der Stoff, aus dem die Krimiträume sind.

Als Ort des Geschehens erwählte der MDR das thüringische Saalfeld: Gehälter made in Ost, Träume made in West, Badezimmerkacheln made by Bauhaus. Elke Markwart braucht Geld für das Glück im Traumhaus. Papa wird es schon beschaffen. Plötzlich ruiniert eine Serie von Brandstiftungen die zaghaft sprießende Tourismusbranche – Grundstücksspekulation. Bald stirbt der erste unschuldige Bürger. Martin Markwart schöpft schrecklichen Verdacht. Doppelter Stoff für Krimis.

Dieser hier entwickelte sich gemächlich, eben wie ein „Schwelbrand“. Regie (Petra Haffter) und Buch haben den Charakteren Zeit gelassen, aber wenig Tiefe zur Motivation ihrer Entwicklung. Nun müssen „Polizeirufe“ ja keine raffinierten Thriller sein, aber der ihnen eigene, mal mehr, mal weniger sympathische Dilettantismus ist doch langsam unverwechselbar. Herausragend schlecht chargierte Anne-Sophie Briest als dümmliche Kindfrau Elke mit täglich wechselndem Minirock und wäßrigem Blick. Daß Martin dieser Trutsche verfällt, ist nur mit grandioser Einfalt zu erklären. Der „bewegte Mann“ Til Schweiger spielt den kleinen Polizisten sehr überzeugend als Trottel in der Liebesfalle. Um seiner kleinen Frau keinen großen Kummer zu machen, deckt Martin nämlich den nicht nur familiär verhaßten, sondern auch kriminell zündenden Schwiegervater – und wird aus lauter auswegloser Qual schließlich selbst zum Mörder.

Daß Martin einem nicht mal leid tut, ist in diesem Fall Indiz für filmische Qualität. Der Osten hingegen grüßt wieder einmal mit Quelle-Pullovern und Jägervereinen, dumpfem Rassismus, Provinzialität, alten Seilschaften, arroganten Wessi-Touristen und scheuen Investoren. Wie langweilig ist doch das Allgemeine! Und wie aufregend hätte das Einzelne, Besondere, der Fall Martin Markwart werden können. Anke Westphal

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