■ Standbild: Mr. Dieter Sandman
„Apollo 13 – Die wahre Geschichte“, Di., 23.10 Uhr, Sat.1
Es ist nicht lange her, da wollten drei Astronauten auf dem Mond Steine sammeln gehen. Der eine hieß James, der andere Fred und der dritte John. Es war ein schöner Frühlingstag und ein weiter Weg. Die drei waren zuerst noch guter Dinge. Dann gab es eine Explosion im Sauerstofftank hinten. Und da wußten sie nicht mehr ein noch aus.
Am Dienstag zu später Stunde hat uns Dieter Kronzucker eine Gutenachtgeschichte erzählt. Die „wahre“ und zudem wundersame Geschichte der Apollo 13. Denn kein Ufo, kein Russe kann die armen Mondfahrer retten, sondern Tom Hanks aus Hollywood. Der hatte Nerven aus Stahl, erinnerte die drei an ihre „Professionalität“ und telefonierte viel nach zu Hause. Dann stiegen alle in die Mondfähre und fürchteten sich gar sehr. Doch Hanks Telefon rettete sie alle. Nur Fred bekam einen wüsten Schnupfen ab.
Sandmann Dieter Kronzucker kombinierte die Originalbilder von der Havarie der Apollo 13 im April 1970 mit einigen Ausschnitten aus einem Hollywoodfilm, der heute in den Kinos anläuft – mit Tom Hanks in der Hauptrolle. Ein simples Verfahren. Wenn die Originalbilder zu schlapp daherkommen, wenn der Kronzucker-Gestus des Berichterstatters nicht mehr den Atem stocken läßt, wenn das Heulen und Zähneklappern der Zeitzeugen verklingt, dann müssen die Drehbuchautoren der Traumfabrik Hollywood ran. Hauptsache, wir lassen die Finger von der Fernbedienung.
Und das ist auch das Ärgerliche an dieser Art „Docuficiton“. Während Kronzucker uns noch aus dem Off erzählt, daß der Heimflug der Astronauten still und friedllich verlief, sehen wir bereits einige Szenen aus dem Spielfilm, in der sich die Piloten übel in den Haaren liegen – weil Hollywood das so will.
Wer wissen wollte, wie sich die Piloten damals wirklich gefühlt haben, fragte auch vorgestern vergebens. Für das Gefühlsmäßige, für Verständnis und Zorn sind die Dramaturgen zuständig. Da setzt beim Zuschauer nicht nur das Denken aus – die Gefühle verblöden, Kronzuckers Art der „Docuficiton“ schreibt einem die Empfindungen vor. Der Widerspruch zwischen seinen fleißig eingesammelten Fakten und der Gefühlssteuerung seiner Holywood-Dramaturgen scheint ihn nicht weiter zu stören. Auch eine Art, „wahre Geschichte“ zu schreiben. Marcus Hertneck
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