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■ StandbildRätselfreie Fischbrötchen

„Tatort: Der kalte Tod“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD

Professor Serensky liebt seine Arbeit, die Pathologie. Beschwingt fährt er jeden Tag in die Klinik, als folge er der Einladung zu einem guten Essen. Besonders gern schockiert er blasse Studenten mit Brustkorböffnungen grau angelaufener Wasserleichen. Ein wahrer Misanthrop, den nur noch seine Liebe zu Studentin Stella (Sophie von Kessel) mit dem Diesseits verbindet.

Als sie sich von ihm abwendet, piekst er ihr eine Todesspritze in den Hals und rollt den Nebenbuhler ins Leichenkühlfach. Dann heißt es Ärmel hochkrempeln und die Überreste einer nun unsterblichen Liebe zu zerteilen, einzulegen und auch mal ein Stückchen Lungengewebe zu Forschungszwecken zu verschicken. Natürlich nach Ägypten, denn hier hat sich mal Königin Isis mit verstreuten Geliebten- Teilchen einen Namen gemacht.

Schließlich hat unser Mörder Kultur, weswegen die Vermutung der Kommissarin Odental (Ulrike Folkerts), Serensky (Matthias Habicht) trage die Tote häppchenweise als Katzenfutter nach Hause, auch völlig fehlgeht. Doch letztlich soll die Einfältige, die gerne ihre Kollegen beim Kartenspiel abzockt und außer Fischbrötchengeruch im Wagen keine größeren Probleme kennt, auch das gesunde Volksempfinden vertreten. Und dazu reicht es aus zu wissen, daß man nicht tötet, und wenn doch, man andere nicht mit eingemachten Details ekelt.

Bis hierhin gibt sich der Tatort von Nina Grosse als uninspirierter Edel-Buttgereit für Bildungsbürger. Dann versteigt er sich in psychologisches Gesülze und Sinnspruchzoterei und endet schließlich als ungekonntes „Schweigen der Lämmer“-Plagiat. Doch ein schlecht rasierter Ästhet macht noch keinen Hannibal Lector, zumal seine Rätsel nur ebensolche für die langsame Polizistin sind. Und wer käme bei „Intelligenztests“ wie „Die Seele ist ein Kellerloch, man muß ganz tief hinabsteigen“ nicht darauf, mal in den unteren Klinikstockwerken zu kramen?

Das Psycho-Ratequiz zwischen Mörder und potentiellem Opfer funktioniert nur, wenn man eben auch kellertief in der Seele des Gegenübers herumpopelt. Doch jemand wie Odental, deren Geheimnisse zwischen zwei Fischbrötchenhälften passen, taugt nicht als Pflegefall für das Zuschauermitgefühl. Da kann sie, wie Jodie Foster, blind und schweratmig im Dunkeln herumballern, solange sie will. Birgit Glombitza

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