■ Standbild: Tierliebe ist...
„37 Grad: Das Seufzen der Rinder“, Di., 22.15 Uhr, ZDF
Mehr Tier war nie: In der Werbung rammeln die Hengste, im Fernsehen läßt Sielmann seine Affenbande noch einmal von der Leine, und im Kino avancieren Zungenküsse zwischen Herrchen und Hund zum Publikumsrenner. Was Wunder, wenn nun das ZDF mit einer Reihe zum Thema Tiere und Religion noch einen nachschiebt.
Leider schmolz zum Auftakt der Begriff des Christentums schnell auf die reine Nächstenliebe zusammen. Aber praktizierende Christen, die gleichzeitig gern Tiere streicheln, sind selten, weswegen sich Autorin Renate Beyer allzuschnell darauf beschränkte, aus einer wild zusammenmontierten Melange aus Statements von militanten Tierschützern und Inhabern privater Streichelzoos ein elftes Gebot zu destillieren: Du sollst Katz' und Hund genauso achten wie das das Huhn aus der Legebatterie.
Tierliebe ist, dem Schlachtochsen Paul ein Gnadenbrot zu gewähren und keine Schweine hinzurichten, die heimlich Hostien naschen. Tierliebe ist nicht, im Hafen von Dover Kühe zu verladen, die man zuvor drei Tage lang mit dem Hänger durch England kutschiert hat. Schön und gut. Aber muß man dafür eine Reportage drehen? Dahingestellt sei auch, ob es der Bergpredigt Genüge tut, seine Haustiere in den Gottesdienst zu schleppen, Weihwasser ins Katzenklo zu kippen und Tauben auf Gräber kacken zu lassen.
Dagegen nicht die Spur von christlichem Brauchtum wie Pfingstochse oder Opferlamm, auch keine Antwort auf die Frage, warum in italienischen Kirchen Rennpferde gesegnet werden – statt dessen wurde das Glimmen BSE-verseuchter Rindviecher zum Fegefeuer umgedeutet, und man erfuhr, daß unter 1.000 Tierschützern wahrscheinlich einer evangelisch ist. So stand das Fazit der Reportage schon vorher felsenfest: Karl der Käfer wurde nicht gefragt. Karl der Zuschauer leider auch nicht. Oliver Gehrs
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