■ Standbild: Lückenfüller-TV
„Sonja“, tägl., 13 Uhr, Sat.1
Endlich. Endlich ist sie dicht, die unschöne mittägliche Talk- Lücke. Seit Anfang dieser Woche macht „Sonja“ den Lückenfüller und das somit sechsstündige Daily-Talk-Marathon von Sat.1 und RTL komplett.
Doch schon das einfallslose Studiointerieur signalisiert: Hier wird die Talk-Landschaft nicht qualitativ, sondern bloß quantitativ bereichert. Anders oder neu wird „Sonja“ im Vergleich eigentlich nur durch Sonja Zietlow. Die erfolgreiche Absolventin der interaktiven Kabel1-Plauderschmiede „Hugo“ streunt zwischen den einzelnen Redeparts ihrer Gäste durchs Publikum und macht aus deren überflüssigen Banalitäten flüssige Konversation. Für mehr ist bei einem runden Dutzend Gästen in 48 Bruttominuten sowieso kein Platz. Wo oberflächlich keine negativ besetzte Vokabel mehr ist, wäre auch ein Nachhaken eher lästig. Es gebe, so die 28jährige, ohnehin schon zuviel, „wo geheult wird“.
Sie lacht lieber. Und freute sich sichtlich, wie alles fluppte in der Auftaktsendung. Nichts, was der oftmals arg zynisch anmutenden Routiniertheit eines Johannes B. Kerner oder Pfarrers Fliege bedurft hätte: Tamara (22) bat den Papa vor laufender Kamera problemlos um Erlaubnis, „für ein Jahr nach Jamaika auszuwandern“; Simon (15) ging freiwillig ins Heim, weil ihn zu Haus statt Prügel immer nur Verständnis erwartete; auch Jenny (14) hat irgenwie (keine) Probleme mit ihrem liberalen Elternhaus; und Hendrik (26) wird noch gern von Muttern bekocht, hätte aber ebensogut bei „Vera“ am Mittagstisch sitzen können, denn die hatte – unmittelbar vor „Sonja“ – dasselbe Thema.
Und während Sonja „Sonja“ eher als eine Bereicherung „wie auf einer Speisekarte“ verstanden wissen will, beantwortete Beate Herrmann (Pressesprecherin für „Sonja“ und „Kerner“) die Frage nach einer etwaigen Notwendigkeit von „Sonja“ mit einem Verweis auf „Kerners“ Traumquoten durchaus schlüssig. Christoph Schultheis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen