■ Standbild: Kinos Lieferanteneingang
„CinemaTV“, immer mittwochs, ca. 23 Uhr, Pro7
Das Fernsehen beäugt das Kino mit einem gewissen ödipalen Unbehagen. Einerseits ist es ein Abkömmling, andererseits hat es ihm aber in den sechziger Jahren den größten Aderlaß seiner Geschichte verpaßt. Nun hat sich das Kino erholt und begehrt – zumindest als Wirtschaftsfaktor, als Ereignis – erneut Einlaß, wenigstens durch den Lieferanteneingang.
Die TV-Kinoberichterstattung kommt dieser Entwicklung nicht so recht nach. Koppelt sie sich ans Kinoereignis, bleibt sie für die Bilder auf den Verleih angewiesen, der ihr entsprechendes Filmmaterial natürlich nur bei Wohlverhalten zur Verfügung stellt. Wo Verrisse nicht in Frage kommen, ist wiederum das Zutrauen des Zuschauers begrenzt; „Filmkritik“ kann sich eine Sendung wie „Exklusiv Kino“ (RTL) seriöserweise nicht nennen. Umgekehrt würde sich kein Sender wagen, das Äquivalent des „Literarischen Quartetts“ für neue Filme bereitzustellen – dazu hängt dem Kino der Jahrmarktsgeruch noch zu sehr in den Kleidern.
In dieser Lage hat sich die Zeitschrift Cinema, auf deren Urteile – trotz einer gewissen sprachlichen Hemdsärmeligkeit – doch meist Verlaß ist, entschlossen, ein eigenes Kinomagazin für Pro7 zu produzieren. Durch die Sendung führt Susan „Miss Grübchen“ Atwill. Man würde nicht unbedingt „Filmkritik“ dazu sagen („Also, ich finde David Lynch ja klasse“), aber lieber ein überzeugter Fan als ein Oberlehrer. Zwischen die Clips sind kleine Gags oder Interviews geschaltet („Sie werden zum zweitenmal Vater, wie läuft das konkret ab?“), die eher nach „Hollywood-Reporter“ klingen, als daß sie etwas herausfinden sollen, aber das macht nichts. Dieses Genre, die Grauzone zwischen Porträt und Milieustudie, ist auch Information, auch eine Art von „The making of“. Daß sich Cinema, als einzige der deutschen Filmzeitschriften, einen echten „Anchor“ in Hollywood leistet, macht sich da günstig.
Alle Filme erhalten eine Note (keine war schlechter als 2). Der eigene Zugang entsteht vor allem durch Berichte wie den zum neuen Katastrophenfilm „Dante's Peak“. Da wurden echte Vulkangebiete bereist, Geologen und Katastrophenopfer befragt und sogar ein Lavastein ins virtuelle Studio bugsiert. Das ist artig, aber durchaus unterhaltsam. Also mehr, als man von den meisten Kinomagazinen sagen kann. Mariam Niroumand
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