■ Standbild: Groove im alten Inventar
„Liebling Kreuzberg“, montags, ARD, 20.15 Uhr
Doldingers Saxophon verklingt, die Türe geht auf, ein mürrischer Manfred Krug läßt einen flapsigen Spruch ab, und wir sind daheim. Daheim in Kreuzberg in der Anwaltspraxis von Robert Liebling, und damit wir uns gleich wieder zurechtfinden, ist das Inventar unverändert geblieben: Wackelpudding, Paula (Corinna Genest) und Senta (Anja Franke) stehen da, wo sie hingehören, nämlich zu Lieblings permanenter Verfügung. Fehlen noch die variablen Elemente jeder Staffel: ein neuer Anwaltspartner und eine neue Geliebte für Liebling. Bruno Pelzer (Stefan Reck) heißt der aktuelle Jungadvokat. Wie auch schon seine zahlreichen Vorgänger ist er zunächst etwas gewöhnungsbedürftig: „Den kennen wir noch nicht, was will der denn hier“, so raunzt man beim Erstkontakt auf dem Bildschirm etwas mißmutig. Erfahrungsgemäß verfliegen solche Berührungsängste aber nach höchstens drei Folgen, dann gehört auch Pelzer zur Familie. Und damit der junge Mann nicht zu austauschbar wirkt, hat er vom Autor Jurek Becker den Ruf eines Casanovas verpaßt bekommen. Worauf sich der allerdings begründen soll, hat uns ein in der ersten Folge mit rotzigem Charme agierender Stefan Reck noch nicht gezeigt.
Der neue Liebling Lieblings, Lola Kornhaus (Monika Woytowicz), trägt das Unterscheidungsmerkmal „verheiratete Frau“, ansonsten bleibt sie Abziehbild der vergangenen Affären des Anwalts.
Kurz gesagt, die fünfte Staffel unterscheidet sich nur marginal von den bisherigen. Es ändert nichts, daß Liebling älter geworden ist und zynischer, gerne mal ein fettes Beratungshonorar abzockt und einen jungen Richter über den Tisch zieht. Es ändert nichts, daß Senta eine neue Frisur hat. Und es ändert erst recht nichts, daß nach über zehn Jahren unter der Regie von Werner Masten erstmals Vera Loebner für die Inszenierung verantwortlich zeichnet.
Wie auch? Für Loebner sei der Einstieg nicht einfach gewesen, sagt der Produzent Otto Meissner, „bei derart detaillierten Vorgaben, die andere über einen langen Zeitraum entwickelt haben.“ „Liebling Kreuzberg“, Staffel fünf, ist also wie eine neue Stones-Platte: Der Groove ist da, die Fans lieben ihn sowieso, da macht es gar nichts aus, daß sich vergeßliche Naturen genausogut die erste Staffel anschauen könnten. Stefan Kuzmany
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