■ Standbild: Freakshow
„Seitenwechsel. Zwei Bankmanager im Sozialeinsatz“, 20.15 Uhr, 3sat
Paul Dreier ist Vizedirektor beim Schweizerischen Bankverein. Zuständig für die Kreditvergabe. Ein Hochleistungsjob, jeden Tag entscheidet er über Millionenbeträge. Das reicht dem Manager aber nicht. Dreier sucht die echte „menschliche Herausforderung“. Deshalb meldet er sich bei dem gemeinnützigen Verein „Seitenwechsel“, der ihm eine „Weiterbildung“ in einem Pflegehaus für Aidskranke vermittelt.
Ein feister Schweizer begegnet ausgemergelten Landsleuten. „Ich werde meine eigenen Probleme relativieren“, sagt der Dicke. „Es gibt eh zu viele Menschen auf der Welt“, sagt der Dünne. Der Dicke und der Dünne mögen sich. Nach dem Sozialdienst kehrt Dreier „mit guten Erfahrungen“ zurück in die Bank, er werde, so sagt er, „feinfühliger und noch effizienter“ arbeiten. Zwei der Aidskranken, die der Kredithändler betreut hat, sind kurz nach den Dreharbeiten gestorben. In „Seitenwechsel“ kommt alles so, wie man es erwartet. Alles scheint normal, obwohl es sich um eine grauenhafte Geschichte handelt. Das liegt an der formalen Schlichtheit des Films, eine Art Hörstück im Fernsehen, es wird viel gesprochen, und die Bilder sind beinahe überflüssig.
Der Beitrag von Matthias von Gunten porträtiert noch einen weiteren Vizedirektor. Dominik Kalderer, ebenfalls Schweizerischer Bankverein, geht in ein Heim für Behinderte. Das scheint dem Jungdynamischen besser zu gefallen als ein Erlebnisurlaub im brasilianischen Dschungel. Kalderer darf vor der Kamera ein paar Tränen vergießen, Schnitt, dann sind wieder Aufnahmen aus dem Büro des Bankvereins zu sehen. Das Leben geht weiter, das Fernsehprogramm auch. Carsten Otte
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