■ Standbild: Acht Quadratmeter Wellblech
„Fremde Kinder: Zwei Mädchen aus Cité Soleil“, Mittwoch, 21.30 Uhr, 3sat
Filme über Armut, über Slums, noch dazu solche über arme Kinder, die in diesen Slums leben, drohen gerne jammervolle Sozialdramen zu werden, in deren Abspann Spendenaufrufe von Caritas eingeblendet werden. Nicht so dieser Film.
Seine AutorInnen Heike Fritz und Stephan Krause führen die ZuschauerInnen durch den Alltag von Malia (11) und Edeline (9), die mit ihrer Mutter und drei weiteren Geschwistern in einer Acht-Quadratmeter-Wellblechhütte in der Cité Soleil leben, dem größten Slum der haitianischen Hauptstadt Port-au- Prince. Wir begleiten die beiden auf ihrem Weg zum Wasserholen, in die Schule, zum Markt. Gefährlich sind diese Wege, erzählen sie. „Manchmal hören wir einen Schuß, und dann erfahren wir hinterher, daß schon wieder ein Kind in Cité Soleil beim Spielen erschossen worden ist. Deshalb müssen wir immer aufpassen.“
Edeline und Malia sind Kinder – sie lachen und spielen, machen Quatsch und träumen von einer Zukunft als Krankenschwester und Lehrerin. Sie wachsen in einer verdreckten Umgebung auf, in einer Hütte, deren Dach leckt, so daß die Mutter, wenn es regnet, ihr Bett gar nicht benutzen kann, sie Essen am liebsten Reis mit Bohnensoße – „und Fleisch“, wenn es etwas gibt. Wann es etwas gibt, merken das blöderweise immer die Nachbarn, denn wenn die Jüngste morgens nichts zu essen bekommt, weil die Mutter an diesem Tag kein Geld hat, dann schreit sie den ganzen Tag, während die Älteren den Hunger vertreiben, indem sie Salzwasser trinken.
Der Film zeigt ein Leben in Armut, vor allem aber: ein Leben. Malia und Edeline sind keine Aliens: Sie putzen sich die Zähne, klatschen zu Kinderreimen und essen gerne Süßigkeiten. Herausgeputzt sitzen sie auf einer Mauer hoch über Port-au- Prince und erzählen von komischen oder grausigen Erlebnissen in ihrer Nachbarschaft und warum sie weg wollen aus der Cité Soleil in ein kleines Häuschen mit einem kleinen Laden, irgendwann einmal. Und dann schubst Malia ihre Schwester an: „Jetzt du!“, und beide drucksen irgendwie herum, und dann sehen die beiden aus wie die Kinder bei Michael Schanzes „Dingsda“.
Näher kann man fremde Realitäten kaum holen – ein schöner Film. Bernd Pickert
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