■ Standbild: Blendwerk
„Merlin“, So. und Mo., 20.15 Uhr, RTL
Immerzu und grad zum Herbst hebt ein übles Lärmen an. „Ereignisfernsehen“, tönt es eitel, oder auch „Fernsehereignis“. Da greift der Herr von der Bildschirmaufsicht rasch zur seiner Dienstwaffe, der Fernbedienung, und wischt die Krakeeler aus dem Sichtfeld.
Am vergangenen Sonntag abend wurde groß aufgefahren. Showspektakel bei ZDF und Sat.1, Feuerzauber auf computergenerierten Bohrinseln auf Pro7. Alles armselig, verglichen mit „Merlin“, einem Zweiteiler mit Hollywood-Besetzung und erheblichem Produktionsetat.
Was hatte man nicht alles aufgeboten – fliegende Elfen, Trolle, Drachen, Wassergeister. Man ließ es wettern, wie's der Drehplan vorsah, und rundum erstreckte sich das Mittelalter so schmuck und reinlich, daß Meister Proper neidisch werden möchte. Computergraphiker können eine Menge, aber die Schwitzflecken unter den Achseln ihrer Helden vergessen sie denn doch.
Es ist schon ein arger Unfug mit diesen Protzproduktionen. Einstellung für Einstellung heischen sie nach Aufmerksamkeit. Für einen Augenblick gerät man tatsächlich ins Staunen, aber wie bei allen Illusionskünsten ist der Reiz billig und rasch erschöpft – in den USA verbuchte man beim zweiten Teil der „Merlin“-Mär einen krassen Quoteneinbruch.
Dies müßte einen nicht scheren, ginge der Medienrummel nicht zu Lasten sehenswerter Konfektionsprodukte. Vieles bleibt unbemerkt, denn die Hochstapelei immer neuer „Fernsehereignisse“ führt zwangsläufig zu Ermüdungserscheinungen. Lieber sähe man einmal die Woche „Ally McBeal“ als alle zwei Monate ein vor Produktionsmitteln nur so strotzendes, furchtbar langweiliges „Fernsehereignis“. Harald Keller
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