■ Standbild: Reingerutscht
„Bei Roman Herzog im Bellevue – Idole Ost, Idole West“ Mi., 21.45 Uhr, ARD
Roman Herzog, so viel ist klar, setzt gern auf die integrative Wirkung seines Amtes. Und weil jetzt schon so viele Jahre deutsche Einheit ohne spürbare Annäherung verstrichen seien, müsse man endlich mal was unternehmen. Kann man beispielsweise mit Ostlern reden? Und vor allem wie? Können die überhaupt anders als idiolektal reden? Und worüber? Das muß doch rauszukriegen sein, laden wir mal paar von denen da ein.
Setzt er also einen alternden Schriftsteller, einen dicken Mann, eine Schauspielerin, die Mitte der Achtziger abgehauen war, und eine Sportlerin an seinen Tisch, redet sie mit dem Satz „Sie sind Spitzenleute“ an und wartet ab. Die fünf Idole scheinen wie aus dicker Luft gemeißelt. Doch irgendwann fangen sie tatsächlich an zu reden. Irgendwas, egal, und Herzog gibt sich Mühe, nicht mitreden zu können. Das kann er ganz gut.
Nur, was nehmen wir mit nach Hause? Ulrich Plenzdorf will in seine Querulantenrolle zu DDR-Zeiten „auch nur so reingerutscht“ sein, Schauspielerin Renate Krößner hingegen ist nach Einschätzung Herzogs „voll drin“, Heike Drechsler wird eingangs gefragt „Wie haben Sie sich empfunden?“ und am Schluß „Wie empfinden Sie sich heute?“ und bleibt trotzdem eine verständliche Antwort schuldig, während TV-Idol Gunther Emmerlich behauptet, in die „Denkmalpflege reingerutscht“ zu sein.
Das ist das Stichwort für den Mundartkünstler und fünften Gast, Wolfgang Niedecken. Der erzählt von der Friedensbewegung und resümiert, Sie ahnen es: „Wir sind da so reingerutscht.“ Immer wieder erstaunlich, wie sich Biographien ähneln. Ein Fuchs, dieser Herzog. So einfach kommt man sich näher. Michael Rudolf
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