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■ StandbildSo war es

„Die Waffen-SS“, 25./27.11., 2.12., jeweils 20.15 Uhr, ARD

In Zeiten, in denen diskutiert wird, ob das (TV-)Volk nicht mit Recht genug von der Dauerpräsentation deutscher Schande habe, war dieses dreiteilige historische Feature segensreich. Nicht originell in der Machart, aber informativ. Und erfolgreich: Sechseinhalb Millionen sahen den ersten Teil.

„Die Waffen-SS“ zeichnete chronologisch den Weg von Hitlers Truppe nach: den Aufstieg nach dem Röhm-Putsch 1934 und der Ausschaltung der konkurrierenden SA, den Zwiespalt zwischen dem Eliteanspruch und dem Versagen der unerfahrenen Truppe in Polen bis zu dem von ihr verübten Massenmord an Juden in Osteuropa. Die Waffen-SS bot Karrierechancen jenseits der Wehrmacht: Hier konnte man auch ohne Abitur Offizier werden. Eher andeutungsweise erfuhr man etwas über die rigorose Struktur des schwarzen Ordens: über das Versprechen einer antibürgerlichen, antizivilen Nova vita, erkauft durch die vollständige Unterordnung der gedrillten Individuen, die in der Naziideologie nur als „biologische Einheiten“ des SS- Gesamtkörpers galten. Man erfuhr, daß der SS-Traum, Elite zu sein, in der Praxis jämmerlich scheiterte. In Rotterdam erschossen SS-Truppen nicht nur holländische Soldaten, die sich ergeben hatten, sondern auch Wehrmachtssoldaten. Sie hatten die Übersicht verloren.

Die Off-Kommentare klangen mitunter etwas ungelenk, etwa wenn es hieß, die SS habe bei der Bekämpfung der Partisanen „kein Pardon“ gekannt – eine recht ritterlich-sportive Beschreibung für die Massenerschießung von Zivilisten. Auch erfuhr man, daß Wehrmachtsoffiziere sich über die SS-Massaker im Osten erfolglos bei Hitler beschwerten – nicht, ob sie dabei vor allem an die Disziplin der eigenen Truppe dachten.

Wirklich irritierend war etwas anderes: Der Film verschmolz historisches (Nazi-)Bildmaterial mit distanzierenden Off-Texten, dem üblichen emotionalisierenden Klangteppich und Aussagen von Zeitzeugen, meist von SS- Männern. So war es, scheint der Film uns zu sagen. Die meisten früheren Waffen-SS-Leute erzählten wie Leute, die Wichtiges sahen und sich präzise erinnern. So reden keine Täter, so reden Zeugen. Männer, die scheinbar mit sich im reinen sind und berichten, wie es war. Der Film machte sich mit merkwürdiger Fraglosigkeit diese Haltung zu eigen. Stefan Reinecke

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