■ Standbild: Ende einer Rechteverwertung
Champions-League-Finale: Bayern München – Manchester United, Mi., ab 20.15 Uhr, RTL
Gelb. Hinter Franz Beckenbauer, über seiner rechten Schulter, war auf der Kulisse die Farbbezeichnung zu lesen. Worauf das Wort verweisen sollte, blieb unklar. Auf die Farbe des Mikrofons in der Hand des Kaisers? Oder war einfach nur das Champions-League-RTL-Gelb gemeint, das am Mittwoch letztmals strahlte? Oder sollte es von der roten Karte ablenken, die der Sender von den Rechtehökern gezeigt bekommen hat?
Ein letztes Mal durften der Moderator Günter Jauch, der Kommentator Marcel Reif und der Präsident Franz Beckenbauer als Experten-Trio auftreten. Es sollte der finale Höhepunkt von fünf Jahren Rechteverwertung werden. Eine deutsche Mannschaft im Finale des wichtigsten europäischen Vereinswettbewerbs. Noch einmal ein „Fußballfest“ feiern dürfen, das hatten sich die drei gewünscht. Es wurde eine Katastrophe.
Zwei Tore von Manchester United in den letzten Sekunden des Matches genügten, um den Dreien jegliche Souveränität zu rauben. Fassungslos stotterte der Präsident vom „grausamsten, was er jemals im Fußball erlebt hat“. Jauch fiel nichts anderes ein, als „eine naive Frage“ zu stellen. Reif wirkte schwer betrunken und wankte wie ein angeschlagener Boxer, der auf den Knockout-Schlag wartet. Wenigstens war er weise genug, nichts mehr zu sagen.
Dabei hatte Reif, einer der Klügeren unter seinen Kollegen, die Chance, sich in die Reihe der legendären Kommentatoren einzureihen. Einer von denen, die einen großen Moment deutscher Sportgeschichte kommentieren durften. Allein das Spiel spielte nicht mit. „Das kann nicht wahr sein. Teddy Sheringham. Das darf nicht wahr sein“, war sein letzter Ausruf. Wer dem falschen Sieger huldigen muß, dem ist solche Ehre nicht vergönnt. Kopf hoch. So ist Fußball.
Jetzt übernimmt tm 3 die Aufgabe, die Champions League zu übertragen. Sie werden es anders machen, ein neues Konzept entwickeln, eine weitere Fußballshow produzieren. Und sie werden nicht besser und nicht schlechter sein als RTL bislang. Am Spiel können sie nichts ändern. Eberhard Spohd
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen