■ Standbild: Die gute Hure
„37 Grad: Raus aus Puff und Pumps“, Dienstag, 22.15 Uhr, ZDF
Eine kurze Kamerafahrt über die roten und gelben Lichter einschlägiger Etablissements, Schnitt auf Petra, Silvia und Vera, deren Gesichter den Bildschirm ausfüllen. Ihre ersten Aussagen werden unterbrochen von Kiez- und Beinbildern und einer Stimme aus dem Off, die DDR-Funktionäre gewählt hätten für den Versuch, Kapitalismus zu erklären. Der Anfang von „Raus aus Puff und Pumps“ ist ein filmisches Stakkato, dessen Inhalt mit Kommentaren wie: „Belastend war und ist für sie: ihr Doppelleben“ oder „Aber es gab auch dunkle Seiten“ kaum über das Niveau eines Groschenromans hinauskommt.
Uta Claus hat einen Film gemacht über den Ausstieg aus der Prostitution, und wir erfahren nicht, warum. Wir sehen und hören drei Frauen, die aus diversenGründen anschaffen gegangen sind und deren vielleicht interessante Geschichten untergehen in einem Gemenge von Klischees, die nur eines spiegeln: die gesellschaftliche Angst vor der kühl fickenden (Geschäfts-)Frau.
So wird die Stimme aus dem Off nicht müde, die vielen, vielen Versuche aufzuführen, die die Akademikerin Silvia unternommen hat, einen „richtigen“ Job zu finden, und ist an einem Ausstieg hörbar mehr interessiert als Silvia selbst. Die womöglich ambitioniert gestartete Autorin hat leider nicht mehr geschafft, als uns unfreiwillig einen Einblick auf ihr enges Sittenverständnis zu gewähren.
So verstrickt sie sich in ihrem eigenen Weltbild von Gut und Böse, anstatt sich dem Thema offen zu nähern und vielleicht die Frage mit einzubeziehen, warum unsere Gesellschaft nur eine Hure wirklich akzeptiert: die ausgestiegene. Silke Burmester
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