■ Standbild: Die Frage nach dem Warum
„Der Haß und der Tod“, Mittwoch, 23.10 Uhr, ARD
Albaner wuchten Särge auf einen Lastwagen, um ihre toten Freunde und Angehörigen auf den Friedhof zu bringen. Dann schwenkt die Kamera in ein abgebranntes Haus. Mehrere Männer, mit Mundschutz und Handschuhen, klauben unter eingestürzten Mauern verkohlte Knochen hervor – die Reste dessen, was einmal ein Mensch gewesen ist. Jemand hält einen Hosenknopf hoch. „Das ist Ramid, er hat immer solche Jeans getragen“, lautet der Kommentar.
Vor Wut bebende Körper, weinende Frauen und auf den Gesichtern die Frage nach dem Warum: Solche Szenen sind das tragende Motiv der 75minütigen Dokumentation über das Drenica-Tal im Kosovo, aufgenommen im vergangenen Jahr, zum Zeitpunkt der großen Offensive der Serben.
Doch wer eine Parteinahme erwartet, die klare Einteilung in das Schema Täter - Opfer, irrt. Beide Seiten, Albaner wie Serben, kommen zu Wort. Ergänzende Kommentare beschränken sich auf Angaben von Ort und Zeit und notwendige Erklärungen, wie zum Beispiel zur UÇK. Das ist wohltuend und ermöglicht eine unverstellte Betrachtungsweise.
Da ist der Serbe, dessen Sohn von Albanern entführt und mißhandelt worden ist. „Ich habe meinen albanischen Nachbarn immer geholfen, warum tun sie das jetzt?“ fragt er fassungslos. Oder die alte Ordensschwester in einem serbischen Kloster, die unter dem Lärm von Geschützfeuer ein kleines Feld bestellt. „Das hier ist unsere heilige Erde, wir werden hierbleiben, und das das bis zum Tod.“ Ist der die einzige Alternative? Der gordische Knoten im Kosovo scheint unauflösbar, auch jetzt, nach dem Krieg. Barbara Oertel
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