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■ StandbildES – XY 123

„Tatort: Bienzle und die blinde Wut“, So., 20.15 Uhr, ARD

Der Titel war nicht nur genauso paradox wie etwa „Schimanski und die guten Manieren“, er hatte leider auch nicht wirklich mit der Handlung zu tun. „Verzweiflung“ wäre besser gewesen.

Das fing schon damit an, dass sich Hauptkommissar Ernst Bienzle (Dietz Werner Steck) dazu hinreißen ließ, seiner „Ex“ Hannelore (Rita Russek) hinterherzuspionieren, als sie mit einem anderen auf die Schwäbische Alb fährt. Gerechterweise wurde Bienzle sofort ertappt und redete sich damit raus, in einem Mordfall ermitteln zu müssen, der sich dann „zum Glück“ auch wirklich ereignete. Und für den Mord am Sägewerksbesitzer Albert Horrenried gab's reichlich Motive: Nicht nur der am Vortag entlassene Angestellte hätte allen Grund für das Verbrechen gehabt, auch der von Albert gedemütigte Bruder Martin sowie Claudia, Alberts Freundin, die er am Abend vor seinem Tod vergewaltigt hatte, als er hinter ihre Affäre mit seinem Neffen Uli – Martins Sohn – kam. Der hätte vom Tod des despotischen Onkels ebenso profitiert wie Alberts Vereinsspezl, den er stellvertretend für den Jagdverein als seinen Alleinerben eingesetzt hatte.

Die dörfliche Ambivalenz von Idylle und Terror wäre ein prima Thema für ein ausgefeiltes Psychodrama gewesen, in dem der eigenbrötlerische Kommissar noch besser zur Geltung gekommen wäre. Leider waren die miteinander verstrickten Verdächtigen in Hartmut Griesmayrs Regie (Buch: Felix Huby) aber viel zu holzschnittartig geraten, und auch die vielen Geschehnisse am Mordabend wirkten allzu konstruiert. Stattdessen musste Bienzle das Ganze 90 Minuten zusammenhalten, wobei ihm der Handlungsstrang mit Hannelore spannungsmäßig sehr zu Hilfe kam. Denn war die Haupthandlung schon so diffus wie „das Licht auf der Schwäbischen Alb“ (Hannelore), so war die Lösung leider so simpel wie das Kennzeichen des Geländewagens, mit dem der wahre Täter beim Showdown seinen ultimativen Mord begehen wollte: ES – XY 123.

Ania Mauruschat

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