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■ StandbildIch ist ein Ekel

„Paul und Clara – Liebe vergeht nie“, Di., 20.15 Uhr, Sat.1

Kleine Schläge auf den Hinterkopf fördern bekanntlich das Denkvermögen. Und wer aus dem zehnten Stock auf seinen Schädel knallt, hat natürlich eine ganze Menge zu denken. Mit diesem Dreh wird „Paul und Clara“ eher unelegant in Gang gebracht. Uwe Bohm spielt in diesem Selbstfindungsdrama einen Architekten, der erst aus einem von ihm entworfenen Rohbau stürzen muss, um zu erkennen, dass er ein echtes Ekel ist. Kennt man, schon Harrison Ford wurde einst für „In Sachen Henry“ in die Amnesie geprügelt, um von dort sein Ich aufzustöbern.

Doch während Hollywood noch den irrsten Plot plausibel erklärt bekommt, kapituliert man hierzulande meist schnell vor dem eigenen erzählerischen Wagemut. Wie er zu einem solchen Ekel werden konnte – diese Frage darf sich der Held jedenfalls nicht beantworten. Stattdessen irrt Hauptdarsteller Bohm mit solch debilem Blick durch die Vergangenheit des gewaltsam umgedrehten Karrieristen, als habe jemand seine grauen Zellen durch einen Quirl gejagt. Anrührend immerhin, wie der verstörte Junge drei seiner Verflossenen aufsucht: die Todgeweihte, die ihn über die Wahrhaftigkeit des Lebens aufklärt; die Karriere-Zicke mit weichem Herzen; und die leicht verdorrte Ex-Gattin, die sich nach der Trennung aufs Restaurieren alter Bibeln spezialisiert hat. Da hat es Katharina Böhm, die die letzte Frau seines alten Lebens spielt, nicht leicht. Sie bekommt ein paar dürftige Monologe in den Mund gelegt und guckt mucksch.

Nein, „Paul und Clara“ ist keine Schauspieler-Arbeit. Eher eine des Dekors. Die Psychologie bleibt auf der Strecke, dafür gibt es in der technisch tadellosen Produktion ein paar schöne Kamerafahrten durch monochrom ausgeleuchtetes Interieur. Schon tragisch, dass sich der Film durch bedingungsloses Menscheln von seinen gelungenen Aspekten distanziert. Am Ende beschwert sich der Architekt über die Vorlieben seines alten Ichs: Dieses kalte Blau seiner Superwohnung macht den bekehrten Yuppie frösteln. Oje. Christian Buß

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