Stammbuch: Bischöfin mahnt
Mit deutlichen Worten hat Hamburgs Bischöfin von der Politik die Vision einer „Berührungsgesellschaft“ angemahnt und sich gegen „Polarisierung und Radikalisierung“ ausgesprochen. Auf dem Adventsempfang in der Hauptkirche St. Katharinen wandte sich Jepsen vor rund 600 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Kultur gegen jede Form von Schwarz-Weiß-Malerei. „Innere Sicherheit ist zu einem Schlagwort geworden, das schlimmen Fantasien freien Lauf lässt“, sagte Jepsen.
„Mir wäre es lieber, wir redeten vom inneren Frieden in der Stadt und bemühten uns, das Nebeneinander von verschiedenen Lebens- und Glaubensmodellen besser auszuhalten“, betonte die Geistliche. „Da sind manche unter uns, die den oft zitierten Wölfen im Schafspelz gleichen, die nur die eigenen Interessen verfolgen, ohne Gewissensbisse und Skrupel.“
Das bezog sie auch auf die aktuelle Diskussion um die Bambule-Bauwagenbewohner in Hamburg: „Wir haben zu lernen, uns Freiräume zu gewähren. Es muss doch nicht alles nur nach den eigenen Normen gehen. Rücksichtnahme und Vertrauen sind nicht nur etwas von früher. Wenn der Lehrer in Kästners ‚Fliegendem Klassenzimmer‘ in einem Eisenbahnwaggon lebte, warum sollen dann heute bei uns in Hamburg nicht einige Bauwagenplätze geduldet und respektiert werden?“
Auch zur aktuellen Diskussion über die Vermögensteuer bezog die Bischöfin unter Verweis auf die Bergpredigt Stellung. Wenn die biblisch geforderte Gerechtigkeit nur mit Einkommensverlusten zu erreichen sei, dann „müssen wir Besserverdienenden Einkommensverluste hinnehmen, nicht nur murrend, denn der innere Frieden in der Stadt und im Land ist ein höheres Gut als der Luxus in den eigenen vier Wänden“, mahnte Jepsen. lno / taz
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