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Stahlwerk Maxhütte ist nicht lebensfähig

■ Vernichtendes Gutachten für Bayerns Stahlwerk/ Demonstration am Samstag

München/Berlin (AP/dpa/taz) – Das Stahlwerk Neue Maxhütte in der Oberpfalz ist nach einem Gutachten der Unternehmensberatungsfirma Roland Berger auf Dauer nicht lebensfähig. Das teilte die bayerische Staatsregierung gestern mit. Am Dienstag abend hatte Ministerpräsident Max Streibl die Zukunft des Unternehmens in Sulzbach-Rosenberg mit dem Betriebsratsvorsitzenden, einem Vertreter der Gewerkschaft, dem zuständigen Landrat und dem Bürgermeister der Gemeinde besprochen.

In dem Roland-Berger-Gutachten heißt es, die Kostennachteile in der Roheisenerzeugung seien zu groß. Ohne neue industrielle Investoren, die 120 bis 250 Millionen Mark in das Unternehmen pumpen würden, mache ein langfristiger Erhalt des Unternehmens keinen Sinn. Als Möglichkeit, das Unternehmen gewinnbringend weiterzuführen, empfiehlt Roland Berger den Einstieg in das Recycling von Altautos nach einem neuen Verfahren zur metallurgischen Verwertung. Streibl beauftragte den bayerischen Wirtschafts- und den Finanzminister, die Chancen dafür zu prüfen.

Zur Zeit sind bei der Maxhütte 1.850 Menschen beschäftigt. Die Belegschaft hat angekündigt, am Wochenende vor dem Privathaus Streibls bei Oberammergau für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu demonstrieren.

Dem 1991 in die Verlustzone geratenen Stahlunternehmen, das auch 1987 vor der Schließung wegen Konkurs gestanden hatte, aber 1988 nach Protesten gerettet wurde, droht im November erneut die Pleite. Dann werden die Mittel aus einer Kapitalzufuhr über zehn Millionen DM von Ende Juli aufgebraucht sein.

Als Interessenten an einem Maxhütte-Einstieg sowie für das Auto-Recycling-Verfahren verhandelt die bayerische Regierung mit dem NMH-Aufsichtsratsvorsitzenden und Lechstahl-Großaktionär Max Aicher sowie dem Nürnberger Röhrengroßhändler Manfred Kühnlein und dem österreichischen Stahlkonzern Voest. Die Verhandlungen mit neuen industriellen Gesellschaftern gestalteten sich schwierig, sagte Wirtschaftsminister Lang, weil „erhebliche Summen abgefordert werden“, etwa für die Altlastensanierung.

An der Maxhütte ist der Freistaat Bayern mit 45 Prozent beteiligt sowie die fünf Hüttenwerke Thyssen, Krupp, Klöckner, Saarstahl/Lechstahl und Mannesmann mit je elf Prozent. Wegen der Stahlkrise haben Thyssen, Krupp und Klöckner erklärt, daß sie unter keinen Umständen an einem größeren Engagement bei der Maxhütte interessiert seien.

Der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl (WVS), Ruprecht Vondran, hatte am Dienstag darauf hingewiesen, daß die Branche vor einer neuen tiefen Stahlkrise stehe. Um den Markt zu stabilisieren, nähmen die Stahlunternehmen ihre Produktion zurück, im 4. Quartal 1992 vermutlich um 20 Prozent.

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