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Stadträte besetzen stillgelegtes Stadtbad

■ Weil Sportsenatorin Ingrid Stahmer eine zuvor gemachte Zusage zurückgezogen hat, wurde gestern das stillgelegte Bad in der Oderberger Straße besetzt. Bei der Ausstellung "Fluten 2" geht es um Kuns

Der Kulturstadtrat übte sich im Understatement: „Die heutige Veranstaltung“, sagte Burkhardt Kleinert anläßlich der Ausstellungseröffnung „Fluten 2“ im Stadtbad Oderberger Straße, „ist sicher nicht ganz unproblematisch.“ Die Ausstellungsmacherin Michaela van den Driesch war da schon konkreter: „Damit die Ausstellung überhaupt stattfinden kann, haben wir beschlossen, das Stadtbad zu besetzen.“

Etwa hundert Personen waren gestern gekommen, um mit den PDS-Stadträten Kleinert und Robert Scholz, Vertretern des Kulturamts, der „Initiatitive Stadtbad“ und zahlreichen Künstlern das stillgelegte Bad in der Oderberger Straße in Prenzlauer Berg zu besetzen und die Kunstausstellung, die das „soziale und politische Umfeld des Quartiers widerspiegeln soll“, zu eröffnen.

„Problematisch“ war diese Eröffnung tatsächlich. Nach einer anfänglichen Zusage der Bäderbetriebe, das seit 1987 stillgelegte Bad zum zweiten Mal für ein Kunstprojekt zur Verfügung zu stellen, machte Sportsenatorin Ingrid Stahmer kurz vor der Eröffnung einen Rückzieher. Begründung: Die Elektrik sei nicht gewartet worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Kulturamt Prenzlauer Berg freilich schon 20.000 Mark in die Ausstellung, bei der zahlreiche Künstler ihren subjektiven Blick auf den Bezirk präsentieren, gesteckt.

Der PDS-Abgeordnete Bernt Holtfreter findet die Besetzung deshalb „völlig legitim“ und rechnet statt einer polizeilichen Räumung mit einer Duldung durch Stahmer. Für Holtfreter ist die Ausstellung einmal mehr auch Gelegenheit, auf die Situation des Bades aufmerksam zu machen. „Dies ist der erste Winter, in dem hier nicht mehr geheizt wird“, sagt Holtfreter und fordert den Senat erneut auf, dem von der Initiative Stadtbad entwickelten Sanierungskonzept zuzustimmen. Die Initiative will das Bad für 25 Millionen Mark sanieren und anschließend als Kiezbad mit Jugendhotel betreiben. Der Senat dagegen stellt sich quer und läßt das Bad lieber verrotten.

Um die Zukunft des 1902 von Ludwig Hoffmann errichteten Neorenaissance-Baus wird es auch auf einer der beiden Diskussionsveranstaltungen während der Ausstellung gehen. Zuvor diskutieren am 4. November um 20 Uhr die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Franziska Eichstädt, die Architekturhistorikerin Simone Hain, der Architekt Peter Mayer und der Städtebaukritiker Hans Helms über das Thema „Volkseigentum, Privateigentum, kollektives Eigentum“.

Begleitet wird die bis 30. November dauernde Ausstellung, eine Fortsetzung der „Fluten“- Ausstellung im November 1996, von einer Präsentation mehrerer „Stadtprojekte“. Selbstvorstellungen und Multimediapräsentationen wird es unter anderem von den Projekten „Eimer“, „Kastanienallee 77“, der „KuLe“ in der Auguststraße und den Innenstadtaktionstagen geben. Uwe Rada

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