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Stadtmagazin "Journal Frankfurt"Pflasterstrand revisited

Stadtmagazine haben eine linke Tradition und ändern sich mit den Lesern. Beispiele? "Journal Frankfurt" und "Lift".

Von einer "Sponti-Stadtzeitung" zum bunten Service-Portal: "Journal Frankfurt"-Website Bild: Screenshot www.journalportal.de

Das Journal Frankfurt, ein Saurier unter den Stadtmagazinen, wird erwachsen. Mit der Juni-Ausgabe gab es einen umfassenden Relaunch. Es gibt sowohl ein neues Layout als auch neue Inhalte, etwa mit dem Ressort "Klassik" oder dem Bereich "Kinder". Dies ist "der Tatsache geschuldet, dass unsere Leserschaft über die Jahre hinweg erwachsener geworden ist", schreibt Chefredakteur Boris Tomic.

Das Frankfurter Magazin hat in seiner Geschichte viele Phasen des Wandels erlebt, so erschien der 1976 von Daniel Cohn-Bendit gegründete Vorläufer Pflasterstrand schon mal untertitelt mit "Sponti-Stadtzeitung" oder "Magazin Krankfurt". Die linke Parole damals: "Unter dem Asphalt liegt der Strand". Überall entstanden in den 70ern Stadtmagazine in deutschen Großstädten, etwa in Berlin Zitty und Tip, in Stuttgart Lift. Das Ziel: alternative Stadtkultur repräsentieren. Beim Journal Frankfurt spiegelt sich diese Tradition noch immer schemenhaft in seiner Leserschaft wider. An der "extrem hohen Aboauflage von nahezu 50 Prozent kann man absehen, dass viele unserer Leser mit uns erwachsen geworden sind", sagt Tomic. Auch wenn Pflasterstrand-Zeiten lange her sind, spielt städtische Sozialpolitik und Kultur immer noch eine wichtige Rolle: "Vor allem im Magazinteil legen wir den Finger in die Wunden, die die Stadtverwaltung verursacht", sagt Tomic.

Obwohl die Auflage seit 2001 um 10.000 auf gute 30.000 Stück gefallen ist, konnte man sich in den letzten drei Jahren stabilisieren. Dies zeige, dass man mit einem "aufgewerteten Magazin auf dem richtigen Weg ist". Triebfeder der momentanen Innovation bei den Frankfurtern ist ein Rankingsystem, das die Party-, Konzert- und Kinotipps stets top-down aufreiht. Das Printprodukt soll trotz anstehendem Online-Relaunch aber nicht an Bedeutung verlieren: "Print wird in Zukunft für ein leseaffines Publikum unerlässlich sein."

Ein Heft mit vergleichbarer Tradition ist Lift in Stuttgart. Auch hier schrumpfte die Auflage, momentan liegt sie bei gut 17.000 Exemplaren. Seit einem Relaunch im letzten Jahr ist dort wieder "mehr Meinung und Stadtpolitik im Heft" als zuvor, sagt Chefredakteur Ingmar Volkmann. Von einer mitwachsenden Leserschaft spricht er aber weniger: "Unsere Zielgruppe ist zwischen 25 und 39 Jahre alt, extrem einkommensstark, urban und sehr homogen." Doch auch hier gibt es einen harten Kern: "Leute, die uns seit Stunde null die Stange halten, wollen wir nicht vergraulen." Bei Lift soll der Schwerpunkt weiterhin auf dem Printprodukt liegen. An das alte Motto "Unter dem Asphalt …" erinnert, sieht man sich "ganz klar in der Tradition", will "aber nicht auf Teufel komm raus politisch draufhauen", sondern "vor allem durch Meinung an alte Zeiten anknüpfen", sagt Volkmann.

Besonders das EU-Werbeverbot für Alkohol und Zigaretten hat den Stadtmagazinen zugesetzt. "Dieser Verlust ist nur schwer zu kompensieren", sagt Tomic vom Journal Frankfurt. Auch Lift fehlen die überregionalen Inserenten, man könne dies "aber mit dem sehr gut funktionierenden regionalen Geschäft ausgleichen", sagt Volkmann.

SIMON GARREIS

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2 Kommentare

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  • SL
    Saul Len

    Ach nee, der Plasterstrand. Erinnert wohl manchen an die Jugend. Hat sich schon lange ausgeplastert und das heutige Blättchen, na das spar ich mir. Ausgehtipps gegen die Langeweile find ich überall, sogar in kostenlos verteilten Blättern. Die Zeit der Stadtmagazine und Alternativzeitungen ist längst Geschichte, überlebt haben die Blätter die kommerziell wurden, so wie es der Prinz vorgemacht hatte. Seinerzeit mit Wut bedacht, da ist ein Markt da, also machen wir ein Magazin um diesen zu bedienen. Das war der Prinz, den gibt es heute noch. Pfui sowas, das ist kapitalistische Vermarktung. Der Witz ist nur, heute sehen diese Magazine alle aus wie der Prinz.

  • E
    elbeo

    Welche linke Tradition soll denn bitte Lift haben? Und was außer den zwei Anfangsbuchstaben hatte Lift jemals mit links gemein? Schluderig und oberflächlich, das Stückchen hier!