Stadtentwicklung: Verkauf nur gegen Konzept
2010 veräußerte der Liegenschaftsfonds 533 Immobilien und steigert seinen Umsatz um 20 Prozent. Verkäufe künftig nicht allein nach Höchstpreis, sondern nach Aspekten der Stadtentwicklung.
Das Land Berlin beabsichtigt, das Amerikahaus am Bahnhof Zoo in diesem Jahr zu verkaufen. Auf den Markt bringt die geschichtsträchtige Immobilie der landeseigene Berliner Liegenschaftsfonds (LF). Für den Verkauf sollen neue Regeln gelten. Statt des üblichen Verfahrens, bei dem die Immobilie dem Höchstbietenden zugeschlagen und der maximal mögliche Erlös in die Landeskasse gespült wird, initiiert der Liegenschaftsfonds beim Amerikahaus ein "Konzeptverfahren". Danach wird neben dem Kaufpreis "insbesondere der Inhalt eines Angebots bewertet", wie LF-Geschäftsführer Holger Lippmann am Mittwoch bei seiner Jahresbilanz sagte.
Das Amerikahaus, bei dem sich der Senat für den Erhalt der kulturellen Nutzung ausgesprochen hat, soll 2011 nicht die einzige Immobilie des LF bleiben, die nicht nach fiskalischen, sondern nach Aspekten der Stadtentwicklung verkauft wird. Bei weiteren ungenutzten Senatsgebäuden, bei fünf Grundstücken für Baugruppen und Arealen mit hohen städtischen oder historischen Interessen wie einstigen NS-Grundstücken auf Schwanenwerder verfolge der Fonds die vom rot-roten Senat aufgelegte "neue Liegenschaftspolitik", so Lippmann. Dazu zählten neben der Stärkung von Wohnbauprojekten auch "Aufgaben mit sozialorientiertem Fokus".
Susanne Klabe, Abteilungsleiterin im LF, nannte als Beispiel für die neue Politik zum Beispiel den Verkauf einer ehemaligen Schule in der Reichenberger Straße in Kreuzberg an eine gemeinnützige Gesellschaft für Suchthilfe und den vorläufigen Vergabestop des Grundstücks Invaliden-, Ecke Ackerstraße in Mitte. Dort möchte die Modedesignerin Jette Joop ihren Firmensitz errichten. Der Bezirk Mitte hingegen will das Grundstück parzellieren, um dort auch Flächen zum Tausch für das alternative Schokoladen-Projekt in der Ackerstraße vorhalten.
Den Paradigmenwechsel vom exzessiven Vermarkter zum Mitgestalter von Wohn- und Bodenpolitik hat der LF weniger aus Nächstenliebe vollzogen. Vielmehr kam dieser auf Druck von Parteien und Verbänden, Baugruppen, Wohnprojekten und der Öffentlichkeit auf den Senat zustande, wie Lippmann anmerkte. Gleichzeitig bedeute die Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik nicht, dass es Verkäufe von Immobilien unter Verkehrswert geben werde oder der LF seine Kernaufgabe - nämlich jährlich ein "Umsatzplus" zu erwirtschften - außer acht lasse.
Im Gegenteil. 2011 erwartet der LF wieder ein Umsatzplus in Millionenhöhe, so Lippmann. Zu den bekannten Immobilien, die der Fonds 2011 verkaufen will, gehöre das ehemalige Aspen-Institut auf Schwanenwerder, das historische Galgenhaus in Mitte und zwei Baufelder am Humboldthafen. Auch 2010 sei ein "erfreuliches Jahr" gewesen. Der Liegenschaftsfonds habe seine Umsätze um ein Fünftel gegenüber 2009 gesteigert. So hätten sich die Verkaufserlöse auf 189 Millionen Euro erhöht. An das Land seien 156 Millionen Euro ausgeschüttet worden und 30 Millionen Euro an die Bezirke. Besonders begehrt seien Wohnlagen im Grünen gewesen. Eine Sättigung sei hingegen auf dem Hotelmarkt zu beobachten. Seit 2001 hat das Unternehmen 5.500 Immobilienverkäufe getätigt.
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