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Stadt im RauschEin feuchter Traum

Braunschweig feiert mit Regentänzen unter den Tränen gestandener Männer den Wiederaufstieg in die Erste Bundesliga.

Jubel im Nieselregen: Die Braunschweiger feiern ihre Eintracht. Bild: dpa

BRAUNSCHWEIG taz | „Der geht doch eh in die Wicken“, murrt es neben mir, während sich Damir Vrancic auf dem Bildschirm nochmal kurz in der Nase popelt. Über ihm hat Sky eingeblendet: 92. Minute, FC Ingolstadt – Eintracht Braunschweig, 0:0. Ein Blick aus dem Fenster, in den regnerischen Braunschweiger Himmel und wieder zum Bildschirm: Beides kein heiteres, eher ein tristes Schauspiel – dann läuft Vrancic an.

Und wir brüllen die Stadt zusammen. Unisono mit den Nachbarwohnungen und den Fans aus der nahen Kneipe. Ein unhaltbares Zappeln, wie der Ball im Netz – Arm in Arm, den Fuß in einer kleinen Pfütze Wolters Pilsener. Die großen, richtigen Bierduschen dann im Fernseher. Bei Lieberknecht mischt sich der Gerstensaft mit Freudentränen, bei Sky-Moderatorin Anna Sara Lange mit Make-Up und lautem Quieken – übertönt nur von ersten Gesängen auf der Straße.

Auch wir wollen raus, zum Schloss, wo sich eben noch der Außenreporter seinem Schicksal ergab. Dann, aufgeweicht vom Nieselregen, begrüßt uns lautes Gehupe. Auch die Busse des öffentlichen Nahverkehrs nehmen teil, weil sie festsitzen.

Sie gehen unter in einem Meer aus blau-gelben Schals und Fahnen, aus jubelnden Menschen in durchnässten Trikots und Tränen gestandener Männer. Einer klettert inbrünstig singend auf eine Ampel. Alte Haudegen, Jungspunde und aufgekratzte Frauen stimmen ein.

Ein etwas dicklicher, nackter Flitzer schießt klitschnass und freudestrahlend an uns vorbei. 28 Jahre unterklassig sein, das macht leidensfähig – daraus entkommen den Traum einer Stadt wahr.

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