Stadion in Warschau vor dem Halbfinale: Über dem Rasen liegt ein Fluch
Der Bodenbelag im Warschauer Stadion hat den Belastungen der EM nicht standgehalten. Vor dem Halbfinale müssen noch mal die „grünen Architekten“ ran.
WARSCHAU taz | Die Mannschaften von Deutschland und Italien, Gegner im Halbfinale der EM 2012 in Warschau, treffen am Mittwoch in der polnischen Hauptstadt ein und absolvieren am Abend ein Training im Stadion Narodowy. Für eine Gruppe von Männern in Arbeitskleidung sind diese beiden Trainingseinheiten spannender als jedes bisherige EM-Spiel.
Die Greenkeeper der Firma Zielona Architektura (Grüne Architektur) schauen mit bangem Kennerblick auf den Zustand des Rasens, der sich als nicht robust genug erwiesen hatte, den Belastungen eines ganzen Turniers standzuhalten.
„Wir arbeiten fast rund um die Uhr und werden uns für den Rasen beim Halbfinale nicht schämen müssen“, sagt Marek Wypychowski, aber man weiß nicht, wie viel Gewissheit in dieser Aussage steckt. Nach den drei Gruppenspielen war die Grasnarbe vor allem in den Torräumen so schadhaft, dass die Veranstalter den Viertelfinalisten Portugal und Tschechien das obligatorische Abschlusstraining am Spielort verweigerten.
Diese Blöße wollte man sich beim Halbfinale nicht geben. Die Uefa entschied, einige Teile der Spielfläche zu ersetzen. Für den Austausch und das Anwachsen des Belags gab es zwischen dem Viertelfinale und dem Abschlusstraining zum Halbfinale eine Frist von sechs Tagen. Dies ist auch in Zeiten der hochtechnologischen Rasenproduktion und Verarbeitung ein Risiko. „Ich glaube, dass nach einigen Tagen alles wieder gut aussehen wird“, sagte Uefa-Turnierdirektor Martin Callen auf einer Pressekonferenz am vergangenen Freitag.
Vom Pech verfolgt
Ob der Neurasen auch den Attacken solcher Schwerathleten wie Manuel Neuer oder Mario Balotelli standhalten kann, wird sich am Donnerstag erweisen.
Über dem Grün des Stadion Narodowy lag von Beginn an ein kleiner Fluch. Da die geplante Eröffnung des Prestigeobjektes im September 2011 wegen baulicher Mängel verschoben werden musste, sollte es Anfang Februar 2012 unbedingt so weit sein. Für das polnische Superpokalfinale versuchte man verzweifelt, im Januar bei minus 10 bis minus 20 Grad einen Rasen zu verlegen. Das erste (polnische) Grün erfror, bevor es anwachsen konnte.
Der eilends bestellte holländische Rollrasen der renommierten Firma Hendriks Graszoden überstand nicht mal den Transport. Wieder musste die Eröffnung verschoben werden, der Superpokal wurde gestrichen.
Schließlich eröffnete man Ende Februar mit einem Freundschaftsspiel Polen gegen Portugal auf halbwegs passablem Untergrund den Spielbetrieb. Als die Uefa einen Monat vor Turnierbeginn das Regiment in allen EM-Spielstätten übernahm, entschied man, hier noch einmal einen neuen Rasen auszulegen. Dieser wuchs problemlos an, wurde dann aber, wie es heißt, durch die im Narodowy veranstalteten EM-Eröffnungsfeierlichkeiten derart ramponiert, dass er nach nur wenigen Wochen bereits deutliche Ermüdungserscheinungen zeigt.
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