Staatsoper vor Sanierung: Oper kriegt Untergrund
Vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen führt die Senatsbaudirektorin durch die maroden Gebäude Unter den Linden. In der Tat wirkt manches wie aus der Zeit gefallen.
Wasserflecken, Risse in der Decke und ein muffiger Geruch: Der Apollo-Saal im ersten Stock illustriert, wie sanierungsbedürftig die Staatsoper Unter den Linden ist. Vor wirkungsvoll maroder Kulisse stellte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher am Montag die geplanten Baumaßnamen vor.
Ab Juli sollen Opern- und Intendanzgebäude und Magazin für 239 Millionen Euro saniert und teilweise umgebaut werden. Für die dreijährige Dauer der Bauarbeiten zieht der Opernbetrieb ins eigens sanierte Schillertheater in Charlottenburg um, das im September bezogen werden soll. Premiere im neuen, alten Haus soll am 3. Oktober 2013 sein. "Momentan liegen wir perfekt im Zeit-und Kostenplan", sagte Lüscher. Der Bund beteiligt sich mit 200 Millionen Euro an den Kosten, die restlichen 39 Millionen steuert Berlin bei. Für unvorhergesehene Überraschungen halte man zehn Prozent des Baubudgets zurück, so Lüscher.
Über den Kostenanteil des Bundes war in der Vergangenheit heftig gestritten worden. Auch über die denkmalgerechte Sanierung des von Richard Paulick in den 1950er Jahren sanierten Zuschauerraum gab es Streit. Wie genau es glücken soll, die Akustik zu verbessern, ohne das neobarocke Raumgefüge anzutasten, wollte Lüscher noch nicht sagen. Sie lobte aber ausdrücklich die Zusammenarbeit mit dem Umbauarchitekten HG Merz und der Denkmalbehörde.
Beim anschließenden Rundgang durch das baufällige Haus wurde die Notwendigkeit der Sanierung überdeutlich: Teile der Hydraulikanlage stammen noch aus dem Jahr 1927. Aufgrund drohender Unfallgefahr darf die Bühnenmaschinerie nur noch bei leerer Bühne bewegt werden. Das macht Kulissenumbauten während der Vorstellung unmöglich, die Szenenabfolge von Stücken musste geändert werden. Ein neuer unterirdischer Verbindungsgang zwischen Magazin und Unterbühne samt Werkstatt soll das Zusammenbauen und Hochziehen fertig zusammen gebauter Kulissen ermöglichen. "Durch geschicktere Raumnutzung werden mehr Proben in Originalkulisse möglich sein - und dadurch auch mehr Aufführungen", sagte der Technische Direktor Hans Hoffmann.
Bislang ist der Tunnel unter den Linden nur ein schmaler Gang. Die Proberäume auf der anderen Seite sehen aus wie aus der Zeit gefallen: abgeschabtes Linoleum, DDR-Mobiliar, in der Ecke Flügel und Notenpult. "Selbst für Musiker soll es ja Arbeitsrechtsbestimmungen geben", sagt einer von Lüschers Mitarbeitern grimmig. Das Magazin, das gerade von einer Umzugsfirma geleert wird, soll nur zu 60 Prozent renoviert und zu einem "Probezentrum" umgebaut werden. Die 40 Prozent, die im Haus durch den Wegzug der Werkstätten in die neuen Kreuzberger Zentralräume frei werden, will man an Kulturprojekte untervermieten. Die sollen selber renovieren. Auch eine Art, im Plan zu bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Außenministertreffen in Brüssel
„Europa spricht nicht die Sprache der Macht“