: Staatschef will „neutrales“ Kabinett
■ Aufatmen in Thailand nach der Ernennung des Diplomaten Anand zum Premierminister
Bangkok (afp/taz) — Die letzten Vorbereitungen zur Ernennungsparty liefen schon, da erfuhr Somboon Rahong, ehedem kommandierender General der Luftwaffe, am Mittwoch, daß er doch nicht Ministerpräsident werden würde. Noch am Morgen des gleichen Tages hatte der Favorit des Militärs und Chef einer der sechs Parteien der Regierungskoalition mitgeteilt, er habe die Zustimmung des Königs zu seiner Ernennung erhalten.
Doch dann vernahm die überraschte Öffentlichkeit durch das Fernsehen, daß König Bhumipol den ehemaligen Premier Anand Panyarachun beauftragt hatte, das Amt wieder zu übernehmen. Somboon macht gute Miene zum bösen Spiel und erklärte, er sei „sehr erleichtert“ darüber, daß er nun nicht die Verantwortung für die schwierigen Probleme übernehmen müsse, die auf den künftigen Regierungschef warten.
Der 59jährige Anand kündigte an, er wolle vor allem Verwaltungsfachleute in sein Kabinett berufen. Wie aus Anand nahestehenden Kreisen bekannt wurde, soll die Ernennung der Minister in den nächsten Tagen erfolgen. Politiker der Opposition und der promilitärischen Koalition im Parlament sollen den Angaben zufolge von der Regierung ausgeschlossen bleiben.
Zwar hatte das thailändische Parlament am Mittwoch eine Änderung der Verfassung beschlossen, nach der nur gewählte Abgeordnete das Amt des Premiers bekleiden dürfen. Dies ist aber noch nicht rechtskräftig. So ist die Ernennung Anands, der nicht im Parlament sitzt, legal. BeobachterInnen gehen davon aus, daß der ehemalige Diplomat die Regierungsgeschäfte bis zu Neuwahlen innerhalb der nächsten sechs Monate leiten wird.
Die Ernennung Anands durch König Bhumibol wurde auch gestern in Thailand begeistert gefeiert. Zahlreiche Menschen erschienen vor Anands Haus, um ihm zu gratulieren und Blumen zu hinterlassen. Unterdessen gab es von seiten des Militärs zunächst keine Reaktionen. Der Schritt des Königs gilt als Schlag gegen den Chef der Streitkräfte, Kaset Rojananil, und Armeechef Issarapong Noonpakdee, die gemeinsam mit dem zurückgetretenen Ministerpräsidenten Suchinda Kraprayoon für die blutigen Ausschreitungen des Militärs im Mai verantwortlich gemacht werden.
Nach Angaben seiner Mitarbeiter geht Anand nicht davon aus, daß die für die Gewaltaten verantwortlichen Militärs bestraft werden können. Der neue Minsterpräsident glaube aber, daß einige unter ihnen stillschweigend zurücktreten werden. Das Militär hatte vergangenen Monat in Thailand Massenproteste der Bevölkerung brutal niedergeschlagen. Nach einer Intervention des Königs hatte Suchinda am 24. Mai zurücktreten müssen.
Bei Eröffnung der Bangkoker Börse stieg der Aktienindex gestern innerhalb weniger Minuten um 54 Punkte. li
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