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Staatsausgaben für 2011Arme haben bald noch weniger

Um rund 20 Milliarden Euro will die Bundesregierung die Ausgaben in den kommenden Jahren kürzen. Nun stimmte das Parlament über das Gesetz ab.

Dachkuppel des Bundestags. Bild: dpa

BERLIN taz/rtr/dpa Der Bundestag hat am Donnerstag über milliardenschwere Einsparungen abgestimmt. 3,5 Milliarden Euro im nächsten und jeweils rund 5 Milliarden Euro in den folgenden Jahren sollen die unterschiedlichen Maßnahmen bringen, die die Bundesregierung unter dem Stichwort "Haushaltsbegleitgesetz" zusammengefasst hat. Darunter fallen so unterschiedliche Posten wie die Einführung einer Abgabe für den Flugverkehr, Kürzungen im Sozialbereich unter anderem bei Hartz-IV-Empfängern und beim Elterngeld sowie die Streichung von Ausnahmen bei der Ökosteuer. Hier ein Überblick über die einzelnen Punkte:

Soziales: Rund ein Drittel der Sparmaßnahmen kommen aus dem Etat des Bundesarbeitsministeriums. Der größte Batzen dabei ist die Streichung des Rentenversicherungszuschusses von derzeit monatlich rund 40 Euro für Bezieher von Arbeitslosengeld II. Das bringt Einsparungen von rund 1,8 Milliarden Euro. Ebenfalls gestrichen wird Hartz-IV-Empfängern das Elterngeld. Doch auch wer vor der Elternzeit Einkommen bezog und mehr als 1.240 Euro netto verdient hat, wird künftig maximal 65 statt bislang 67 Prozent des Gehalts als Elterngeld erhalten. Singles, die mehr als 250.000 Euro und Paare, die über 500.000 Euro pro Jahr verdienen und damit die sogenannte Reichensteuer zahlen müssen, bekommen künftig auch kein Elterngeld mehr.

Der Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger wird wieder abgeschafft, womit der Staat zunächst 140 Millionen Euro pro Jahr sparen soll. Weitere 200 Millionen Euro kommen durch die Abschaffung des Überbrückungszuschlages beim Übergang vom Arbeitslosengeld I in das Hartz-IV-System in die Kasse.

Unternehmen: Für alle Abflüge von einem deutschen Flughafen wird ab Januar 2011 eine Luftverkehrsabgabe für Passagiere erhoben. Die Gebühr wird je nach Entfernung 8, 25 oder 45 Euro pro Person betragen. Dies soll rund 1 Milliarde Euro pro Jahr einbringen. Die Airlines werden die Abgabe voraussichtlich an die Kunden weitergeben. Um den Tourismus nicht zu gefährden, sind Flüge auf deutsche Inseln, die nicht durch Schiene oder Straße mit dem Festland verbunden sind, von der Abgabe befreit.

Den energieintensiven Unternehmen sollen bislang geltende Vergünstigungen bei der Zahlung der Ökosteuer gekürzt werden. Nach einer Entscheidung der Koalitionsspitzen wird aber nicht so stark gestrichen wie zunächst geplant. Gemessen an den ursprünglichen Planungen mit Steuermehreinnahmen aus den Ökosteuer-Änderungen von rund 1,3 Milliarden Euro bedeutet dies eine Einnahmelücke von rund 550 Millionen Euro. Um das auszugleichen, wird unter anderem die Tabaksteuer erhöht.

Die von der Bundesregierung schon beschlossene Bankenabgabe ist in das Sparprogramm eingerechnet. Die Regierung veranschlagt Einnahmen von jährlich 2 Milliarden Euro ab 2012. Allerdings fließt das Geld nicht in den Etat, sondern in einen Fonds für den Krisenfall.

Ein Teil der zusätzlich geplanten Sparmaßnahmen bedarf keiner Gesetzesänderung. So werden Pflichtleistungen der Bundesagentur für Arbeit in Ermessensleistungen umgewandelt. Auch weitere Sozialleistungen sollen im Vollzug gespart werden. Zudem sollen in der Bundesverwaltung tausende Stellen gestrichen und Milliardenbeträge beim Militär eingespart werden. STEP

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9 Kommentare

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  • E
    EnzoAduro

    Viel interessanter wäre gewesen ob das zustimmungspflichtig ist. Denn die Hartz4 Renten sind zB eine zukünftige Belastungen für die Kommunen.

  • L
    Lohnsklave

    Scheinbar lebt es sich von Steuergeldern ganz gut, sonst würde niemand Politker werden wollen, oder? Können muß man ja nicht viel, Ahnung haben auch nicht. Und wenn dir jemand sagt, er sei durch Arbeit reich geworden, so frage ihn, durch wessen.

  • L
    Lohnsklave

    Scheinbar lebt es sich von Steuergeldern ganz gut, sonst würde niemand Politker werden wollen, oder? Können muß man ja nicht viel, Ahnung haben auch nicht. Und wenn dir jemand sagt, er sei durch Arbeit reich geworden, so frage ihn, durch wessen.

  • A
    Amos

    Da hilft nur noch ein Generalstreik! Also wo sind die Gewerkschaften?

  • S
    Selbstdenker

    Gegen Armut hilft ein Kaufkraftkonzept!

     

    Wildwest mitten in Deutschland, nur der Starke zählt. Von dem ehemals so blühenden Sozialstaat sind nur noch zusammenfallende Ruinen übrig.

     

    Aber wer setzt sich nun für die sozial Schwachen - für die Armen ein? Jeder 6te Bürger oder 15,5% unserer Gesellschaft sind arm (Stand 2008, Statistisches Bundesamt).

     

    Wer klagt hier gegen den allgemeinen Kaufkraftverlust, der dazu führt, dass die Unternehmen sich über kurz oder lang den eigenen Ast absägen auf dem sie sitzen? Ausser der ddp fällt mir keine Partei ein, die überhaupt den Zusammenhang zwischen beständiger Kaufkraft und Lebenswürdigkeit einer Gesellschaft herstellt.

     

    Was wir brauchen, ist mehr nationale Kaufkraft und ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) von 2.000 € für Jeden. Das Schöne daran ist, das dieses Kaufkraftkonzept bereits fertig erarbeitet wurde, es müsste nur umgesetzt werden, dies jedoch will die Lobby-hörige Bundesregierung in keinem Fall.

     

    Es ist das Gastmann`sche "Bandbreitenmodell".

     

    Jetzt höre ich sie schon sagen: "2000 Euro - Unmöglich!" Aber schon jetzt kostet jeder "Arme" weit mehr als 1.200 Euro pro Monat! 2000,-- Euro ist finanzierbar, betrachten wir nur mal die unermesslich Reichen, die dem 15,5%-Heer der Armen in Deutschland gegenüber stehen. Allein die Top 300 (Stand 2008) von 1&2 die ALDI-Brüder bis Platz 300 Fam. Langenscheidt werfen ein Vermögen von 472,45 Milliarden € in die Waagschale. Den HartzIV-Satz verdienen diese Bürger durchschnittlich in 30 Sekunden, mit „NICHTSTUN!“, denn ihr Kapital arbeitet. Der durchschnittliche Stundenlohn für 8 Stunden „NICHTSTUN“ der Leute liegt bei 44.118 €. Ist es nicht schön Geld einfach so zu bekommen? ... und sehen wir diese Top 300-Reichen als faul an? (Quelle: http://www.meudalismus.dr-wo.de/html/stundenloehne2008.htm)

  • B
    Beobachter

    Man brauch eben weitere Milliarden für die Lobbykraten in Berlin, die Bankenmanager und deren Erfüllungsgehilfen in den Parlamenten.

     

    Die Umverteilung von unten nach oben geht weiter!

  • S
    swilly

    Und was ist jetzt neu daran? Schwarz-gelb! Die Raubwespen-Koalition! Jeder vernünftig denkende Mensch hat VOR den Wahlen gewusst, was diese sogenannte Koalition bedeuten wird!

  • C
    classen

    Hartz-IV-Empfänger hatten bisher die Möglichkeit, sich von den GEZ-Gebühren zu befreien. Bei der von schwarz-gelb geplanten Umstellung auf eine faktische "Haushaltssteuer" für den öffentlichen Rundfunk, entfällt diese Befreiung komplett, was bedeutet, dass jedem der mit 350 Euro im Monat Leben muß, dadurch nun fast 20 Euro für den Kauf von Lebensmitteln wegfallen, die er dann netterweise dem GEZ-Wasserkopf jedes Monat überweisen darf.

     

    Eine Erhöhung um den GEZ-Betrag oder eine Befreiung ist nicht vorgesehen. Rund 5 Prozent allein an Gebühren für öffentlich-rechtlichen Rundfunk bezahlen, anstatt davon Lebenmittel zu kaufen, ist wirklich eine tolle Idee, liebe CDU. Die Menschen sollen eben nur noch Toastbrot fressen, damit ihr weiterhin alternde Politiker als Indentanten mit 250.000 Euro Jahresgehalt über die GEZ-Gebühren finanzieren könnt.

  • RS
    Reinhold Schramm

    1. Die Klientel der BDI-BDA-DIHK-Banken-Bundesregierung und (noch) Atomkraft-Parlamentsmehrheit, die Oberschicht, zehn Prozent der Bevölkerung, verfügt über 61,1 % aller Netto-Vermögen bzw. über 4.032,6 Milliarden Euro; auch über Erbschaftsvermögen und ohne persönliche Arbeitsleistung!

     

    2. Die reale "Mittelschicht", zwanzig Prozent der Bevölkerung, verfügt über 30,1 Prozent aller Netto-Vermögensanteile: 1.986,6 Milliarden Euro.

     

    3. Die große Bevölkerungsmehrheit, die sozialökonomische "Unterschicht" aus differenzierter wissenschaftlich-technischer Lohnarbeit und realer Wert- und Mehrwertschöpfung (!), rund 70 % der Gesamtbevölkerung in Deutschland, verfügt nur über knapp 9 % des Netto-Gesamtvermögens bzw. über rund 594 Mrd. Euro. / In Schulden-Verrechnung (der geringen Vermögensanteile) befinden sich rund 50 % der Gesamtbevölkerung ohne Eigentum und ohne Erbschaftsvermögen etc.; allenfalls Reproduktionsmittel. = Anm.: Einschließlich der Menschen in Hungerlohn, Mini-Mindestlohn, 'Aufstocker', Zeitarbeit und Leiharbeit, Generation-'Praktikum' (= offener Lohn-Unterschlagung) und Armut (= stets erwünscht und stets medial geleugnet).

     

    Eine Umverteilung - von oben nach unten - ist überfällig.

    Trotz alledem!