Staatsanwältin ist sich sicher: Kölner Kofferbomber wollten töten
Die Staatsanwältin sieht "erdrückende Beweise" gegen zwei islamistische Männer, die 2006 in Zügen Bomben platziert haben sollen. Das Urteil steht noch aus.
KÖLN taz Die Bundesanwaltschaft hält es für erwiesen, dass die beiden Kölner Kofferbomber aus "Rache an der westlichen Welt" heimtückisch "möglichst viele Menschen" hätten umbringen wollen. In ihrem Schlussplädoyer vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf sprach die Vertreterin der Bundesanwaltschaft, Duscha Gmel, am Mittwoch von einer "geradezu erdrückenden Beweislast" gegen den Angeklagten Youssef E. H.
Ein junger Mann mit dunklen schulterlangen Haaren im Nationalmannschaftstrikot Michael Ballacks auf Gleis 3 des Kölner Hauptbahnhofs - diese Aufnahme einer Überwachungskamera vom 31. Juli 2006 hat sich als Sinnbild ins kollektive Gedächtnis eingebrannt: Jetzt ist die bislang nur abstrakte Gefahr islamistischer Terroranschläge auch in der Bundesrepublik real geworden.
Die Aufnahme dokumentiert, wie nur drei Wochen nach der Fußballweltmeisterschaft Youssef E. H. darauf wartete, im Regionalexpress 12519 Richtung Koblenz einen dunklen Koffertrolley abstellen zu können. Dessen Inhalt: zwei große Stahlflaschen, gefüllt mit je elf Kilo Flüssiggas, Plastikflaschen mit Benzin, eine Zündvorrichtung aus Wecker und Draht. Eine zweite Kofferbombe deponierte sein Komplize Dschihad Hamad im RE 10121 nach Hamm.
"Deutschland hat einem islamistischen Anschlag nie näher gestanden", so die Staatsanwältin. Nach Überzeugung der Anklagebehörde hat alleine ein "handwerklicher Fehler" verhindert, dass es zu einem blutigen Inferno gekommen ist. Denn als die Zünder an jenem 31. Juli 2006 um 14.30 Uhr klickten, fehlte den Sprengsätzen der für eine Explosion nötige Sauerstoff. Eine nicht beabsichtigte Panne, so Gmel. Zum Glück hätten die beiden Täter nur "mangelnde chemische Kenntnisse" besessen. Auch wenn sowohl ihr Mandant als auch der bereits im Libanon zu zwölf Jahren Haft verurteilte mutmaßliche Mittäter gestanden, die Koffer in den Zügen platziert zu haben, hat die Verteidigung von Youssef E. H. dieser Darstellung widersprochen. Der heute 24-Jährige habe vielmehr die Sprengsätze absichtlich in funktionsunfähiger Form zusammengebaut, weil er im letzten Moment Gewissensbisse bekommen hätte. Eine Schutzbehauptung, meint die Bundesanwaltschaft. Die Urteilsverkündung ist für den 18. November geplant.
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