St. Pauli verliert gegen Nürnberg: Schwächeln auf der Zielgerade

Zweite Niederlage in Folge: Mit einem 0:4 gegen den 1. FC Nürnberg verspielt der FC St. Pauli die Chancen zum direkten Aufstieg.

Da hängt der Kopf: Paulis Trainer Ewald Lienen nach der Niederlage gegen den Club Foto: Axel Heimken (dpa)

„Schreibt bloß nicht alles schlecht“, rief Mittelfeldspieler Enis Alushi nach dem Abpfiff in Richtung Journalisten: „Wir spielen trotzdem eine überragende Saison.“ Auch Thomas Meggle, Sportchef des FC St. Pauli, mag an der deftigsten Pleite der laufenden Saison des Zweitligisten nichts Anstößiges finden: Jede Mannschaft verliere doch mal zwei Partien in Folge. Nach der soeben eingefangenen 0:4-Klatsche gegen den 1 FC. Nürnberg und dem 0:2 bei 1860 München eine Woche zuvor hieß die Devise der Hamburger am gestrigen Sonntag: Keinen überflüssigen Druck aufbauen – und bloß kein Krisengerede. Dabei ist es nicht zu übersehen: Beim jüngsten Team der Liga schwinden rapide die Kräfte.

Dabei war alles so gut angerichtet: Ein vor der Saison kaum vorstellbarer dritter Tabellenplatz, ein relativ auswärtsschwacher Gegner, dazu Präsident und Trainer, die beide am Tag zuvor Geburtstag gefeiert hatten und nun auf Geschenke von der Mannschaft warteten. Und doch wurde das letzte Heimspiel der Hinrunde für den FC St. Pauli zum Desaster: Vor ausverkaufter Kulisse kassierte man mit diesem 0:4 die höchste Saisonniederlage und verlor den direkten Kontakt zu den Aufstiegsrängen.

Pauli perfekt kopiert

Was tun, wenn der Gegner den eigenen Matchplan perfekt kopiert? Auf diese Frage fanden die Hamburger am Sonntag keine Antwort. Ewald Lienen, der die Truppe nun fast ein Jahr trainiert, hat dem Hamburger Spiel eine klare Handschrift gegeben, von Pauli-Präsident Oke Göttlich gerne als „moderner Konzeptfußball“ bezeichnet.

Baustein Nummer 1 dabei: Der Gegner darf ruhig mehr Ballbesitz haben. Baustein Nummer 2: Mit einer kompakten Abwehr und früher Attacke schon im gegnerischen Strafraum versucht der FC St. Pauli, den Spielaufbau zu behindern und Abspielfehler zu erzwingen. Baustein 3: Nach daraus resultierenden Ballgewinnen wird der Ball über wenige Stationen nach vorne kombiniert und auch mal der Abschluss aus der Distanz gesucht. Steht die eigene Abwehr dabei so kompakt wie sie soll, reicht ein Kontertor zum Sieg.

Mit dem 1. FC Nürnberg trafen die Hamburger nun auf einen Gegner, der genau dieses Konzept famos umsetzte: Nie fanden die Spieler des Gastgebers recht ins Spiel, rannten sich 90 Minuten lang an der massiven Abwehr um den kopfballstarken Dave Bulthuis müde und standen bei Nürnbergs Kontern zu weit vom Mann. Die Folge: Eine präzise Flanke und einen nicht minder präzisen Pass verwertete Club-Mittelstürmer Niclas Füllkrug noch vor der Pause zur 2:0-Führung für die Gäste. Als Tim Leibold kurz nach der Pause das 3:0 für die Franken erzielte, schien der Drops gelutscht.

Ohne Erfolgserlebnis

„Eine tiefstehende Abwehr auseinander zu spielen, ist nicht gerade unsere Paradedisziplin“, gab sich Paulis Trainer Lienen nach dem Spiel zerknirscht.Nach dem Rückstand hatte seine Mannschaft die Nürnberger zwar in ihrer Hälfte eingeschnürt, allerdings auch das ohne Erfolgserlebnis. Stattdessen gelang Erras nach einer Ecke zwei Minuten vor Ende sogar noch das 4:0.

Kurz vor der Winterpause geht der Überraschungsmannschaft der zweiten Liga also die Puste aus. Anders als in den vergangenen Monaten leisteten sich die Hamburger am Sonntag etliche Konzentrationfehler und ließen den letzten Siegeswillen vermissen. Soll die – frei nach Enis Alushi – „überragende“ Hinrunde nicht im Mittelmaß enden, müssen sie am Millerntor den Schalter wieder umlegen. Dass der Handlungsbedarf trotz aller beschwichtigenden Reaktionen groß ist, verrät Abwehrchef Lasse Sobiechs Antwort auf die Frage, was sich bis zum nächsten Spiel ändern müsse: „Alles!“

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