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Spürhunde mit SupernasenSchlangeneier und Mahagoniplanken

Hunde spüren nicht nur Verbrecher und Drogen auf. Die auf Flughäfen eingesetzten Artenschutzhunde finden auch Kaviar oder Elfenbeinschnitzereien.

Zoll-Hund Cara beim Einsatz auf dem Frankfurter Flughafen. Bild: dpa

BERLIN taz | 2012 scheint das Jahr des Hundes zu sein, nämlich des Spürhundes. Das Geschäft der Züchter boomt. Auch die Naturschutzorganisation WWF ist auf den Hund gekommen: den Artenschutz-Spürhund.

„Die Erfahrungen an deutschen Flughäfen stimmen Artenschützer wie Zollbeamte gleichermaßen optimistisch“, heißt es in einer WWF-Erklärung von Anfang den Jahres. Der Handel mit verbotenen Tier- und Pflanzenarten bildet nach dem Waffen- und Drogenschmuggel das einträglichste illegale Geschäft.

Artenschutz-Spürhunde finden bedrohte Tiere oder deren Bestandteile auch dort, wo Röntgenstrahlen sie nicht ausmachen: junge Sittiche in Lockenwickler gequetscht, durchsichtige Schlangeneier in einem Kugelschreiber. Die Hündin Jarra und der Welpe Willow haben für den deutschen Zoll bereits gelernt, unter andere Hölzer gepackte Mahagoniplanken aufzuspüren.

Seit Langem wissen Zollbeamte, dass vor einem Spürhund auch in Flaschen gefüllte Drogen nicht sicher sind. Aber niemand weiß so recht: Wie machen die das, diese Hunde?

Spurensuche

Wurden Hunde früher vor allem als Fährtensucher bei der Jagd oder der Verfolgung von Verbrechern eingesetzt, sind heute die Aufgaben vielfältiger geworden.

Legendär ist auch schon der Einsatz von Hunden bei der Suche nach Lawinenopfer. In den 1960er Jahren wurden Hunde dann erstmals dazu ausgebildet, Drogenfahndern bei der Suche nach verbotenen Rauchmitteln zu helfen.

Auch für die Suche nach Sprengstoffen wurden die Tiere damals schon trainiert. Ab 2003 gab es beim Zoll sogar ein spezielles Ausbildungsprogramm für Hunde zum Aufspüren von geschmuggelten Banknoten.

Neu ist die vom WWF initiierte Ausbildung zum Artenschutzhund. Die beim Zoll eingesetzten Tiere werden auf etwa 15 Geruchsbilder, wie beispielsweise Elfenbein, Kaviar oder bestimmte Holzarten trainiert. (wlf)

„In dieser Hinsicht verfügen Hunde über eine fast magische Fähigkeit. Aber irgendwo muss der Duftstoff schon noch am Behältnis dran sein“, sagt Stephan Frings, Professor für Molekulare Physiologie an der Universität Heidelberg. Er fährt fort: „Der Geruchssinn des Hundes reagiert schon, wenn zum Beispiel beim Zuschrauben einer Flasche ein paar Moleküle des Inhalts außen haften geblieben sind. So sauber bekommt das kaum ein Mensch hin, dass ein Hund da gar nichts mehr riechen könnte. Das ist praktisch unmöglich. Da dürfte man kein einziges Molekül draußen lassen.“

Frings Arbeitsgruppe im Institut für Zoologie untersucht die Signalverarbeitung in Sinneszellen des Riech- und Schmerzsystems. Um das „Wie“ des Riechens zu untersuchen, muss sie sich auch mit dem „Was“ beschäftigen. Ein Hund, der einen Menschen verfolgt, orientiere sich an dessen Fußspur, so glaubte man früher.

Aber wie wir heute wissen, umgibt jedes Lebewesen eine Gaswolke aus den bakteriellen Zersetzungsprodukten seiner abgestorbenen Körperzellen. Deren Zusammensetzung ist auch beim Menschen so individuell wie ein Fingerabdruck und wird vom Hund wahrgenommen.

Zersetzungsprozesse

Daraus erklärt sich auch, warum Hunde eine Spur, wenn sie ganz frisch ist, weniger gut aufnehmen können als nach einigen Stunden, nach fortgeschrittenem Zersetzungsprozess.

„Was eingeatmet werden kann, kann auch gerochen werden“, sagt Stephan Frings: „Um riechen zu können, müssen Duftmoleküle mit dem Atem in die Nase kommen.“

Der Geruchssinn funktioniert übrigens bei Hund und Mensch sehr ähnlich. Innerhalb der Nase realisiert ihn das Riechepithel (ein Teil der Schleimhaut). Beim Hund ist es im Durchschnitt hundertmal größer als beim Menschen. Hunde mit längeren Nasen wie Schweißhunde und Golden Retriever sind übrigens damit gegenüber den kurznasigen Möpsen im Vorteil.

Doch bei dieser banalen Überlegenheit des Hundes durch mehr Fläche gegenüber uns Menschen bleibt es nicht, sie wird auf immer neuen Ebenen auf raffinierte Weise multipliziert. Manche Experten meinen, dass Hunde eine Million Mal besser riechen können.

Dem Menschen weitaus überlegen

Das Riechepithel beherbergt die Riechzellen genannte Nervenzellen (Neuronen). Es ist der einzige Ort im Organismus, an dem solche direkt an die Oberfläche treten. Aus diesen Neuronen ragen wie kleine Härchen Bündel sogenannter Cilien. Ein Mensch hat etwa 5 Millionen Riechzellen, ein Schäferhund 220 Millionen.

Die Hunderiechzelle wiederum verfügt über zwanzigmal mehr Cilien als eine menschliche. Jedes dieser Härchen trägt einen chemosensorischen Rezeptor für je ein bestimmtes Spektrum von Duftstoffen. Mittels chemischer Reaktionen werden hier bei einzelnen Duftstoffen elektrische Impulse erzeugt und an das Gehirn weitergegeben.

„Alle Nervenaktivität ist elektrische Aktivität“, erklärt Frings: Wir messen die Aktivität der Riechzellen, indem wir elektrische Ableitungen vom Riechepithel eines Lebewesens herstellen, während wir ihm Duftstoffe zuführen. Außerdem untersuchen wir, wie das Gehirn auf einen Duftstoffreiz reagiert“: Weiter geht es also im Gehirn, in einem Areal namens Riechkolben. Hier werden die Informationen über die Duftstoffe analysiert und Reaktionen darauf entworfen. Erforscht sind diese Prozesse bisher nur sehr wenig.

Spezifische Geruchskarten

„Zitronenduft, Orangenduft und der Geruch von faulen Eiern erzeugen jeweils spezifische Aktivitätsmuster. Wir sprechen von einer Geruchskarte – einer räumlichen Abbildung der Geruchsqualität im Gehirn“, erklärt Frings. Der Geruch einer einzigen Zitrone besteht übrigens aus Hunderten von Duftstoffen.

Zum Schluss kommt der Neurobiologe noch auf die genetischen Voraussetzungen. Durch molekularbiologische Untersuchungen versucht sein Team zu klären, welche Gene im Riechsystem aktiviert werden, und welche Funktionen die dabei entstehenden Proteine haben.

Im Vergleich zum Hund entwickelten sich bei uns eine ganze Menge von Genen mit Informationen für den Bau von Rezeptorproteinen zurück. Wir verfügen über etwa 400 verschiedene davon, Hunde über rund 900.

Geruchssinn zurückgebildet

„Ein großes Rätsel ist für uns, wie das in einer bestimmten Zelle aktivierte, für die Duftstoffrezeptoren zuständige Gen ausgesucht wird“, erklärt Stephan Frings: „In jeder Riechzelle ist es immer nur ein einziges – viele hundert anderer Gene kommen gar nicht zum Zug.“

Was die genetische Ausstattung für das Riechen betrifft, so sind wir Menschen im Vergleich zu Hunden eine Schwundstufe jenes Säugetiervorfahren, den wir einmal mit ihnen gemeinsam hatten. Unser Trost: Wir können viel, viel besser sehen! Das Geruchsystem ist für uns einfach nicht so wichtig.

Die Heidelberger versuchen auch, den Geruchssinn weiterer Tiere für den Umweltschutz zu gewinnen. Frings erklärt: „Wir arbeiten auch am Riechsystem von Fischen. Viele können sehr gut Chemikalien erschnüffeln und ändern entsprechend ihr Verhalten. Das würde man gern für die Zukunft nutzen. Besonders Fische könnten dabei helfen, umweltbelastende Stoffe zu finden“.

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1 Kommentar

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  • M
    Mittagsleser

    Liebe TAZ, Tierversuche sind also ok?

     

    Ich finde es sehr bedauerlich, dass sie Herrn Frings hier eine Plattform geben. Wer Fachartikel von ihm liest, erkennt schnell, dass es sich bei seinen Untersuchungen des Riechens um (indirekte) Tierversuche handelt: die Untersuchung findet zwar an isolierten Riechzellen in der Petrischale statt, diese Zellen werden allerdings vorher getöteten Mäusen und Ratten entnommen.

     

    Ein Beispielartikel: http://www.pnas.org/content/early/2010/03/05/0909032107.abstract

    (öffentlich zugänglich)