Springer stellt sein Onlinekonzept vor: „Bild“ sucht zahlende Nutzer
Die „Bild“-Gruppe des Springer-Konzerns hat ihr neues Bezahlangebot vorgestellt. Paywall darf man nicht sagen. Ein Abend in Rot.
![](https://taz.de/picture/159096/14/bild_plus_pra__sentation_27-05.jpg)
BERLIN taz | Die Bild-Gruppe des Springer-Verlags stellt ihr neues Markenabo vor. Dafür wird der Raum sogleich abgedunkelt und das Rotlicht angeschaltet. „Das Licht sieht scheiße aus“, sagt der ARD-Kameramann. „Alles geflutet. Unprofessionell.“ Die Präsentation ist blau, das beißt sich.
Andreas Wiele, Vorstand der Bild-Gruppe gibt schnell noch ein Interview. Summa summarum: Bild ist toll. Und ab jetzt kostenpflichtig. So halb. Es gibt neben den sogenannten Bild-plus-Inhalten auch weiterhin kostenlose Inhalte. Man will niemand vergraulen. Das Wort „Paywall“ werde nicht fallen, ich solle es daher nicht benutzen, heißt es.
Dann spricht Donata Hopfen, Geschäftsführerin von Bild-digital. „Wir versuchen, die Marktführerschaft zu erhalten“, sagt sie. „Wir bauen die Marktführerschaft aus“, steht in der Presseinformation. Beruht die neue Bezahlschranke auf Hoffnung und Hilflosigkeit? „Wir hoffen, die Leser zumindest im Test begrüßen zu können“, sagt sie.
Krieg gegen die Nichtzahler im Netz
Der erste Monat kostet 99 Cent. Jeder weitere Monat zwischen 4,99 und 14,99 Euro, je nach Umfang des Abos. Bundesliga, genannt „persönliche Sportschau“, 2,99 Euro extra. Was genau die Bild-plus Inhalte auszeichnet, warum man sofort für sie bezahlen möchte, wird nicht richtig klar. Alles halt noch viel exklusiver. „Einzigartige Fotos“, weiß das Pressematerial.
Weiterhin möchte Frau Hopfen „den Nutzer befrieden“ und ihn direkter binden. Was das heisst? Werbung, wahrscheinlich. Und befrieden, weil man im Krieg ist mit dem Nichtzahler im Netz.
„Die Einfachheit wird es dem Nutzer nicht schwer machen, das Produkt zu kaufen“, so Hopfen. Ich stelle mir kurz ein Bild-minus-Angebot vor, in dem Unübersichtlichkeit dem Nutzer den Kauf nicht exklusiver Inhalte erschwert. „Drücken Sie uns wenigstens heimlich die Daumen“.
Das Bild-plus-System werde die Redakteure befeuern
Nun ist Matthias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, an der Reihe: Das Bild-plus-System werde die Redakteure befeuern, jeder werde nur für Bild-plus produzieren wollen. Sofort denke ich an Profilneurosen und Grabenkämpfe.
„In der Lage, Abozahlen zu kalkulieren, sind wir nicht. Wer das kann, kriegt sofort einen Job bei Springer“, sagt Döpfner. Das Angebot schießt also wirklich ins Blaue. Funktioniere es nicht, probiere man Plan B, danach Plan C. Das Alphabet lässt zur Not noch mehr Freischüsse zu. Im Anschluss sehen wir noch ein paar Clips, kurze Zusammenfassung: Bild ist spitze.
Für den Umtrunk bleibe ich nicht, nehme schnell wieder den Aufzug mit der rot bekleideten Fahrstuhlführerin. Die fummelt an ihrem iPad und möchte mir den gleichen kleinen Einspieler zeigen, den ich schon auf dem Weg nach oben präsentiert bekam. Sie ist nervös, drückt auf 19., da sind wir doch schon. „Hat Ihnen die Veranstaltung gefallen?“ möchte sie wissen. Wir kommen schließlich sicher unten an.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und Putin
Bei Anruf Frieden