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Springer-Verlag führt Paywall einDie Welt ist nicht umsonst

Die Online-Ausgabe der Tageszeitung „Die Welt“ kostet ab Mittwoch Geld. Nutzer müssen ab dem 21. Artikel im Monat zahlen. Die Werbefinanzierung habe nicht ausgereicht.

Qualitätsjournalisms: Springer-Vorstandschef Matthias Döpfner will höhere Vertriebserlöse erreichen. Bild: dapd

BERLIN afp | Treue Leser der Online-Ausgabe der Tageszeitung Welt werden künftig für ihre Lektüre bezahlen müssen. Für die bislang kostenfreie Website führt der Springer-Verlag am Mittwoch ein nutzungsbedingtes Bezahlmodell ein, wie das Unternehmen am Dienstag in Berlin mitteilte. Zugleich bietet der Verlag unterschiedliche Abo-Pakete an, die sich nach den Lesegewohnheiten der Nutzer richten.

In Deutschland ist die Welt die erste der großen überregionalen Nachrichtenseiten mit einem Bezahlmodell. Vorbild sei die New York Times, sagte Romanus Otte, Digital-Chef der Welt-Gruppe, der das Projekt ein Jahr lang vorantrieb. Das Modell sei aber weiter lernfähig.

Die Online-Lektüre der ersten 20 Artikel im Monat bleibt nach Angaben des Verlags kostenlos. Wird der 21. Artikel lesen zu können, muss der Nutzer ein Abonnement abschließen. Gewählt werden kann zwischen drei Abo-Paketen. Das kostengünstigste Angebot enthält neben dem unbeschränkten Zugriff auf die Website eine Smartphone-App, das zweite Angebot zusätzlich eine App für Tablet-Computer, das dritte Angebot außerdem ein Abonnement der Welt am Sonntag.

Für Abonnenten der gedruckten Welt und Welt am Sonntag ist der Zugang zu den digitalen Produkten frei, also zur Website sowie zu den Apps für Smartphones und Tablet. Die Startseite der Welt wird frei zugänglich bleiben - genauso wie Artikel, auf die über Suchmaschinen, soziale Netzwerke oder andere Seiten verlinkt wird.

„Wir wollen, dass Qualitätsjournalismus ein Geschäftsmodell bleibt“, sagte Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner. Die Finanzierung digitaler Nachrichten allein durch Werbung habe nicht ausgereicht, weshalb der Verlag jetzt die Vertriebserlöse als zweite Säule ausbauen wolle. „Wir brauchen diese zweite Säule für die journalistische Unabhängigkeit“, sagte Döpfner. Nur so könne die notwendige Distanz zu Anzeigenkunden gewahrt werden. „Es ist im Interesse unseres Berufsstandes, dass diese Sache funktioniert.“

Dass die Welt mit dem Bezahlsystem nicht alle ihrer derzeit monatlich neun Millionen Nutzer halten werde, sei klar, räumte Otte ein. Welt-Vorstandsmitglied Jan Bayer verwies aber auf andere Anbieter mit Bezahlsystemen, die „die Reichweite mit der Zeit wieder stabilisiert“ hätten. Der Erfolg der Welt-Apps sei jedenfalls ermutigend, „weil dort bereits für digitale journalistische Inhalte bezahlt wird.“

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8 Kommentare

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  • DN
    Dipl.-Ing. Norbert Derksen

    »„Wir wollen, dass Qualitätsjournalismus ein Geschäftsmodell bleibt“, sagte Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner.« Da spricht der Vorstandschef des Springer-Verlages aber ein großes Wort gelassen aus. Mit „Qualitätsjournalismus“ wird der Konsument heute allerdings nicht gerade verwöhnt, im Gegenteil: Noch nie gab es nämlich so viel schlechten, von Einseitigkeit und fader Hofberichterstattung geprägten Journalismus wie heute, ist doch die Kompetenz heutiger Journalisten bestürzend gering und allein schon durch die ständige Apotheose des vermeintlichen Universalgenies Albert Einstein und das Hereinfallen auf die Relativitätstheorie hinreichend widerlegt. Sie verdient auf keinen Fall eine zusätzliche Honorierung durch Bezahlinhalte im Internet. Denn viele Berichte insbesondere im wissenschaftlichen Bereich sind von so erbärmlicher Qualität und so schlecht recherchiert, daß sie bereits mit dem Zeitaufwand fürs Lesen überbezahlt sind. Wer mithin bei den kostenpflichtigen Inhalten den einzig sinnvollen Verzicht übt, spart gleich doppelt, nämlich Zeit und Geld. An der geplanten sogenannten „Quality Alliance“, die heutzutage ja nur auf englisch etwas hermacht, werden sich wegen der tatsächlich existierenden Gleichschaltung zumindest auf wissenschaftlichem Gebiet sogar die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Süddeutsche Zeitung, das Handelsblatt und Die Zeit restlos verheben. Die Finanzierung eines hochwertigen journalistischen Informationsangebots im Netz ist gar nicht das eigentliche Problem, sondern dieses hochwertige journalistische Informationsangebot selbst! Der kürzlich verstorbene Walter Jens hat vor seiner Erkrankung mal gesagt: »Die entscheidenden Veränderer der Welt sind immer gegen den Strom geschwommen.« Vielleicht hat er sich diesbezüglich bei Hermann Hesse bedient, welcher zum besten gab: »Wer zur Quelle gelangen will, muß gegen den Strom schwimmen.« Eine Weisheit, die allerdings auch schon die Chinesen kannten. Jedenfalls würden intelligente und verantwortungsvolle Journalisten, wie man sie derzeit in den Medien vergeblich sucht, — rühmliche Ausnahmen wie Karl Kromphardt und Albrecht Unsöld (Physikalische Blätter) oder Winfried Thum (Südkurier) wurden kurz nach Aufdeckung unbequemer Wahrheiten mundtot gemacht; Die Zeit enthüllte damals: »In den Physikalischen Blättern fand und findet Zensur statt.« — mutig gegen den Strom schwimmen und pflichtbewußt Aufklärung betreiben ungeachtet eines aufbrechenden Skandals, wie er in der modernen „Physik“ unvermeidlich wäre, wußte doch schon Augustinus: »Si de veritate scandalum sumitur, utilius permittitur nasci scandalum quam veritas relinquatur.«

  • W
    wirrbeltier

    Ich würde ja wagen zu behaupten, dass die Welt von der taz gelernt hat. Nicht die Paywall, notwendigerweise, aber die Preisstruktur und dass man sich die Preise aussuchen kann. Da ist die taz dem Springerverlag Jahrzehnte voraus ;)

    Sollen sie das doch ausprobieren - Wenn die dann in einem Jahr ihre Zahlen präsentieren, werden wir ja sehen ob es ihnen was gebracht hat. Ich denke dass da wenig passieren wird, weil die Verlinkung weiterhin kostenlos sind. Jaja, wenn man über das böse google news auf die Welt-Page kommt, dann braucht man keine Paywall zu fürchten.

    @Tobias Rohde: Danke für den Link. Das ist ja der eigentliche Hammer :) Denke nicht, dass der durchschnittliche Welt-Leser damit was anfangen kann (oder wollte), aber gut zu wissen dass es immer *noch* inkompetenter geht als bei anderen Seiten.

  • VB
    Volker Birk

    Schade, dass Springer so zögerlich vorgeht. Für die Homepages all dieser Blätter wäre ich sehr für ein Stoppschild im Internet.

  • A
    anke

    Würden nicht Leute mit Familien arbeiten bei dem Blatt, könnte man die Sache richtig lustig finden: Die Anzeigenkunden gehen in existenzgefährdender Weise auf Abstand zur "Welt" und Vorstands-Chef Mathias Döpfner tönt, er wolle mit dem "Ausbau der Vertriebserlöse" die für "Qualitätsjournalismus" seiner Vorstellung angeblich "notwendige Distanz" wahren! Hihi!

     

    Ich bin echt mal gespannt, was der Mann ausrichten lässt, wenn seine Leser die Sache in ein paar Jahren ähnlich sehen und ihre intellektuelle Unabhängigkeit zu bewahren versuchen, indem sie einfach anderswo weiterlesen, nachdem sie 20 mal geclickt haben. Ich meine: Die spannende Frage ist doch, wie lange man parallel die Preise erhöhen und die Qualität eines Angebotes senken kann, bevor der letzte Trottel den Aus-Knopf findet?

     

    Schade bloß, dass die taz mich nicht mehr auf dem Laufenden halten wird, wenn es dann so weit ist. Was besseres als das Döpfnersche Import-Distanzierungs-Modell fällt ihr ja offensichtlich auch nicht ein...

  • S
    Sören

    Um für die Artikel auf Welt.online noch etwas zu bezahlen, muss man schon ziemlich blöd sein. Es ist nichts weiter als eine eloquentere Variante der Bild, die man höchstens lesen sollte, wenn man wissen will, was das Hause Springer politisch gerade denkt.

     

    Der Ausdruck "Qualitätsjournalismus" ist wohl ironisch gemeint, und der Vergleich mit der New York Times hoffentlich ein Scherz.

     

    Aber wenn man den rechtskonservativ-braunen Sumpf verfolgt, der in den Leserkommentaren gegen alles was "links" ist, gegen Homosexuelle, Juden, Muslime und Ausländer im Allgemeinen hetzt, kann man sich vorstellen, dass manche Leser von welt.online das tatsächlich für Qualitätsjournalismus halten.

  • SF
    Sophia Frank

    Dass Springer-Vorstandschef Döpfner in Zusammenhang mit der WELT von "Qualitätsjournalismus" spricht, ist ein schlechter Scherz.

     

    Die WELT ist inhaltlich exakt

    auf der gleichen Linie wie die BILD!

     

    Die WELT-Redaktion ist nur zu feige, ihre einsetige Meinung so offen darzustellen wie das bucklige Schwester-Blatt. Stattdessen versteckt man die Meinungsmache der WELT in hochgestochenen Worten und längeren, verschwurbelten Sätzen.

     

    Und das Schlimmste ist: Die Leser der WELT sind meistens unfähig, das zu begreifen und bilden sich ein, sie würden gar keine einseitige und stramm konservative Zeitung lesen! Also sind diese Möchtegern-Intelektuellen kein bißchen besser, als die BILD-Leser.

  • S
    Synoptiker

    Sollen sie doch die Mitte und bei den Rechten das Geld abschöpfen. Ein linker Leser braucht weder Die Welt, noch Bild, noch Bams. Es lebe der Kapitalismus! Erst wenn der Brotpreis anzieht, liegt Revolution in der Luft

    Das Print-Sterben ist dennoch nicht aufzuhalten.

  • L
    Leon

    Wer Springer-Zeitungen nicht liest, dem fehlt auch nichts.

    Die Leserkommentar-Spalten der "Welt" sind fast vollständig mit rechtsradikalen Gedankengut versehen.

     

    Des öfteren habe ich in der letzten Zeit auch das Gefühl, das in der taz die Leserkommentare zunehmend rechtsradikal und rassistisch werden.