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Springer-Chef gegen Tagesschau-AppBrüssel wird sich freuen!

Der Zirkus um die "Tagesschau"-App geht weiter: Mit Drohungen der Verleger, einem Schulterschluss von Springer und der "Süddeutschen" sowie Bitkom-Studien.

Tötet Qualitätszeitungen seit 58 Jahren: die "Tagesschau". Bild: ndr

Die Zukunft des Journalismus hängt, das wissen wir alle schon seit einer Woche, an der "Tagesschau"-App. Sie zwingt täglich Zeitungen in die Knie, und jetzt trumpft auch der Lobbyverband Bitkom mit schockierenden Zahlen auf.

Demnach informiert sich jeder zweite Internetnutzer in Deutschland (49 Prozent) "auf den Seiten von Radio- und TV-Sendern über das Tagesgeschehen und persönliche Interessengebiete", was immerhin 25 Millionen Menschen entspricht. Nur 42 Prozent, also rund 21 Millionen Bundesbürger, nutzen dagegen die Angebote von Tageszeitungen und politischen Magazinen im Netz.

"Es geht schlicht um die Frage, ob Qualitätsjournalismus als Geschäftsmodell noch Bestand haben wird", hatte schon am Wochenende Springer-Chef Mathias Döpfner in der Süddeutschen geklagt. Und ja, beide, Springer wie der Süddeutsche Verlag, klagen gegen die "Tagesschau"-App der ARD.

Denn bei den Öffentlich-Rechtlichen hätten die vielen "Kompromissangebote" der Verleger nicht "zu Einsicht, Verständnis und Augenmaß geführt", sondern zum krassen Gegenteil, zur "Mentalität der Hemmungslosigkeit". Wenn ARD und ZDF "nicht einlenken", schlussfolgert daraus die Süddeutsche, "soll in Brüssel ihre Existenz infrage gestellte werden".

Da wird sich Brüssel aber schrecklich freuen, wenn dieser K(r)ampf schon wieder losgeht. Denn die Debatte gab es eben erst, und am Ende stand, von der EU-Kommission für okay befunden, das Monster namens 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit seinem Dreistufentest.

Der hat schon Gigabytes gebührenfinanzierter Netzinhalte vernichtet. Und jetzt zünden die Verleger die nächste Stufe: Die EU soll richten, was die Verlage in Deutschland nicht schaffen. Vielleicht streichen sie in Brüssel dabei auch gleich mal die ermäßigte Mehrwertsteuer für Presseprodukte?

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6 Kommentare

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  • S
    Stimmvieh

    Wenn Leute aus dem Springer-Verlag das Wort "Qualitätsjournalismus" in den Mund nehmen, sollte eigentlich Allen klar sein, dass weiteres Zuhören Zeitverschwendung ist.

    Wenn Zeitungsverlage sich lieber unliebsame Konkurrenz vom Leib klagen wollen anstatt sich dem Wettbewerb zu stellen, ist das geradezu eine Einladung zum Boykott.

  • D
    DemoKrad

    Was hat Springer mit Qualitätsjournalismus zu tun? Diese Art der Nachrichtenverdrehung und -manipulation braucht kein Mensch. Die Nachvollziehbarkeit alter Meldungen durch das Vernichten ganzer Medienbibliotheken gut zu heissen war schon ein Schlag ins Gesicht der unabhängigen Nachrichtenmacher.

  • A
    Alceste

    Ich persönlich finde das eine Frechheit: Hier geht es mal wieder nur um das liebe Geld. Dass evtl. Die ÖR sich durch eine entsprechend qualitative berichterstattung so beliebt gemacht haben, das fällt den Gaunern von Verlegern nicht ein. Auf deren parteiische von Lobbygeschwafel durchzigene Berichterstattung kann ich getrost verzichten.

    Aber es wird kommen wie es kommen muss: Die App wird fallen und zu wessen Nachteil zu "unserem".

    SCHWEINEREI!

  • K
    Kowalsky

    Es geht schlicht um die Frage, ob Qualitätsjournalismus als Geschäftsmodell noch Bestand haben wird.

     

    Qualität schon, aber nicht der Journalismus, so wie er heute betrieben wird. Für ein paar Dollar Copy/Paste und in jedem Blatt findet man den selben Mist. Enthüllungen liefert "nur noch" WikiLeaks, ansonsten kritzelt selbst der Spiegel fast nur noch Schlagzeilen a la Bild-Zeitung. Darüber auch ein interessanter Artikel auf Titanic. (Der Leitwolf im Schafspelz »Spiegel online« http://tinyurl.com/6hpk4l4 ) Nicht zuletzt hat man solch unkritischen Berichterstattungen auch die Kriege in Afghanistan und Irak zu verdanken.

     

    Innovation und Investigation heissen die Zauberworte im 21.Jahrhundert, an denen auch schon die Musikindustrie fast zerbrochen ist. Das digitale Zeitalter wird noch so einige Opfer fordern, da hilft dann auch kein Jammern auf hohem Niveau. Und Informationen zu reglementieren, im digitalen Informationszeitalter, ist so sinnvoll wie Sand in die Wüste tragen. Was dann dabei rauskam, die Vernichtung von Gigabytes an gebührenfinanzierter Netzinhalte, das ist das wahre Verbrechen.

     

    Wenn damals die grossen Philosophen, Dichter, Denker und Komponisten genauso gedacht hätten, dann würde es heute wahrscheinlich kein einziges Buch und Musikstück mehr geben…

  • DF
    der finne sein kater

    Die Tagesschau-App ist doch eigentlich nur ein angepasster Browser. Wenn die wegfällt, ruft man die Seite einfach wieder "normal" ab. Effekt? Null.

     

    Was das ganze Theater bei mir als "Netizen" bewirkt?

    Ganz einfach, die Schlussfolgerung: Zeitungen kaufen nur noch Zombies. Zombiezeitungungen online lesen tun nur noch Online-Zombies. Springer und Süddeutsche waren bei mir eh noch nie im Buch der coolen Verlage vertreten. Mit dieser Aktion gelten sie bei mir jedoch nur noch als Ekelpakete. Qualitätsjournalismus? Vorgeschoben. In Wirklichkeit gehts doch nur ums Geld, das diese Ewiggestrigen durch die Finger rinnen sehen... und so meint man, mit Panikaktionen Land gewinnen zu können.

     

    Ich lese die taz regelmäßig online und gelegentlich unterwegs auf Papier. Weil ich das so will -- und nicht weil die taz das so will, sondern weil sie mich *lässt*. Bitte, liebe taz, richtet bitte niemals eine Paywall ein. Denn dann bin ich ganz schnell gaaanz weit weg...

  • OA
    o aus h

    Könnte mal bitte jemand eruieren, wie viele der 49% sich auf den Seiten KOMMERZIELLER Radio- und Fernsehsender über das Tagesgeschehen informieren, und ob Doepner etc. darum auch gleich privates TV und Rundfunk verbieten lassen wollen?