■ Sprachreform: Paryz, Nowy Jork
Das staatliche Kontrollbüro für die litauische Sprache hat entschieden, daß alle litauischen Ortsnamen in polnischsprachigen Zeitungen, die in Litauen erscheinen, litauisch und nicht polnisch benannt werden müssen. Die Hauptstadt Vilnius heißt demnach nicht Wilno, Soleczniki wird zu Salcinikaj, Kowno zu Kaunas und Sejny zu Senaj.
Die polnische Bevölkerung Litauens wehrt sich gegen diese Entscheidung aus zwei Gründen. Erstens korrespondiert der litauische Name häufig nicht mit Regeln der polnischen Grammatik, und zweitens gehen die polnischen Namen oft mehrere hundert Jahre zurück, da sie aus der Zeit des polnisch-litauischen Staatenbundes stammen.
Die Polen Litauens argumentieren, daß Litauen, wenn es so dringend Teil der westlichen Welt werden wolle, sich auch die dort üblichen Gepflogenheiten aneignen solle; im Westen habe niemand Einwände dagegen erhoben, daß in der polnischsprachigen Presse die Rede von Londyn, Paryz oder Nowy Jork sei.
Der litauische Emigrant Tomas Venclova, der sich zum Zeitpunkt des Dekrets in Polen aufhielt, beschrieb die Entscheidung als „inkorrekt und schlecht beraten“. Der Chefredakteur der polnischen Tageszeitung Kurier Wilenski (Wilno Kurier), Zbigniew Balcewicz, weigerte sich, der Weisung zu entsprechen. Falls seine Zeitung deshalb von der staatlichen Behörde mit einer Geldstrafe belegt würde, wolle man eine Sammlung bei den Lesern der Zeitung veranstalten, sagte er. Vera Rich
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