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SportplatzZuschauerrekord und siegende Löwen

Jubel der Löwen aus Braunschweig Foto: Gregor Fischer/dpa

FOOTBALL Mit dem German Bowl fand am Samstag im Jahnsportpark in Pankow die kleine Schwester des Super Bowl statt.

„Nachahmung ist die höchste Form der Anerkennung“, wusste bereits der irische Schriftsteller Oscar Wilde. Was in vielen Orten der USA in den herbstlichen Monaten die Imitation des bajuwarischen Oktoberfests ist, muss in Deutschland wohl der German Bowl sein: die kleine Version des US-amerikanischen Mega-Events, des SuperBowls. Es folgten dem Spiel am Samstag im Jahnsportpark zwar keine Millionen Menschen vor den Fernsehern. Spannend und sorgsam inszeniert war es aber trotzdem. Und die Rekordkulisse von 13.047 ZuschauerInnen bewies, dass das Interesse an Football in Deutschland steigt. Auch in Berlin.

Vor der Partie ging es noch recht zurückhaltend zu. „Unicorns-Fans, wo seid ihr?“, fragte der Stadionsprecher lautstark ins Publikum. Man hätte glauben können, dass er wirklich die ZuschauerInnen suchte und nicht Stimmung ins Publikum bringen wollte. Eine Gruppe aus zehn in grünen Footballtrikots bekleideten Schwäbisch Hall Unicorns-Fans auf der Haupttribüne war es dann auch, die am lautesten jubelte, die prall gefüllten Bierbecher zum wolkenverhangenen Berliner Nachthimmel erhob.

Um 17.30 Uhr aber war das Stadion voll, die Stimmung da. Bereits zum vierten Mal in Folge standen die Braunschweiger im Finale des German Bowls. Zum dritten Mal hintereinander kam der Gegner aus Schwäbisch Hall. Die Schwäbisch Hall Unicorns also gegen die Braunschweiger Lions. Einhörner gegen Löwen. Die besten Teams Deutschlands. Die Baden-Württemberger wollten einen Bann brechen, die vorherigen Spiele gegen die Löwen hatten sie beide klar verloren.

Das Spiel begann nervös. Geprägt von ungenauen Pässen, zugestellten Laufwegen und schlechten Kicks passierte zunächst wenig. Zur Halbzeit stand es 14:14. In den USA kommt nun die Halbzeitshow, auf die sich die Fans fast am meisten freuen. Michael Jackson, Bruce Spring­steen, Coldplay und Paul McCartney sind nur ein kleiner Ausschnitt der illustren Gästeliste. Beim German Bowl trat eine Akrobatik- und Artistiktruppe auf, die Sprünge zeigte. Das Publikum applaudierte freundlich. Bier- und Essensnachschub war wichtiger.

Nach Wiederbeginn kippte das Spiel. „Aus der Halbzeit kommen wir immer so schlecht. Das sind mentale Probleme“, erzählte später ein sichtlich enttäuschter Aurieus Adegbesan von den Unicorns. Schnell zogen die Lions auf sieben Punkte davon. Zwar konnten die Schwaben noch einmal verkürzen, aber als kurz vor Schluss Angriffsspieler Evan Landi von den Lions einen Pass in der Endzone zum 31:20 fing, war das Spiel entschieden.

Für Braunschweig war es der elfte Meistertitel, für Schwäbisch Hall die erste Niederlage der Saison. „Drei Jahre hinterein­ander“, sagte Tackle Gabriel Erler. Tränenüberströmt standen seine Mitspieler auf dem Spielfeld. Sie mussten zusehen, wie abermals der Gegner den Henkelpott in die Höhe strecken durfte. Ihnen bleibt nur der Blick aufs nächste Jahr: „Vielleicht hilft die Medienpräsenz uns jetzt ja“, hofft Erler. „Die Lions sind einfach ein Profi-Team. Die stehen momentan eine Stufe über uns.“

Mehr ZuschauerInnen, mehr Geld fürs Team, optimale Trainingsbedingungen. Aber wie lange noch? Football, so zeigte die Partie, wird in Deutschland populär. TV-Sender nehmen Live-Übertragungen aus der NFL in ihr Programm auf. Immer mehr ZuschauerInnen besuchen die Spiele in deutschen Stadien, die Einkünfte steigen. Vielleicht können die kleinen Einhörner die großen Löwen ja bald vom Thron stoßen. Zum Beispiel nächstes Jahr im Jahnsportpark. Sören Haberlandt

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