Sportplatz: Ein Underdog auf Erfolgskurs
Tischtennis Aufsteiger und Außenseiter TTC Düppel, seit Neuestem in der 3. Bundesliga spielend, hat im ersten Heimspiel die Gäste aus Bergneustadt mit 6:1 bezwungen.
Lampenfieber verspürte Klaus Lietzau (59) nicht vor der Heimpremiere seines TTC Düppel in der Dritten Tischtennis-Bundesliga gegen Schwalbe Bergneustadt. „Nervös bin ich nicht wegen des Spiels, sondern wegen der Wahnsinnsorganisation im Vorfeld“, sagte der Manager.
Lietzau ließ in der Zehlendorfer Nordgrundschule Bandenwerbung platzieren, Fahnen aufziehen und den Boden mit Spezialflüssigkeit rutschfest machen. Als Anreiz für das Heimspieldebüt von Düppels Schmetterlingen gegen die Schwalben aus Nordrhein-Westfalen präsentierte er einen Taekwando-Meister und ein Buffet.
Die Anforderungen an den Zehlendorfer Klub sind in Windeseile gestiegen, weil Düppel binnen neun Jahren insgesamt zehnmal aufgestiegen ist – von der Kreisliga bis in das Bundesliga-Unterhaus in einem Rutsch. In einer Saison konnte der TTC sogar wegen einer Spielklassenreform eine Liga überspringen.
Manager Lietzau lotste vor allem Berliner Spieler an die Fischerhüttenstraße, baute Düppeler Eigengewächse ein und verstärkte das Team mit einigen Ausländern. Mit dieser Teamtaktik klappte der Durchmarsch.
Verein neu erfunden
Lietzau hat den 2006 gegründeten TTC Düppel neu erfunden. Den Verein gab es nämlich schon einmal, nach der ersten Gründung 1987. Weil eine Gartenbaufirma den TTC damals puschte, stieg die erste Männermannschaft bis Anfang der 1990er Jahre in die Zweite Bundesliga auf. Das Geld reichte sogar für eine Nachwuchstrainerin aus der Tischtennisweltmacht China. Doch als die Geldquellen versiegten, ging der TTC ein.
Als Lietzau 2006 von Borussia Spandau, wo er ein ähnliches Husarenstück vollbrachte und die Havelstädter bis in die zweite Liga hievte, zu seinem Heimatclub nach Zehlendorf zurückkehrte, fand er einen abgewirtschafteten Verein mit „nur noch sechs Leuten“ vor. Seit der Neugründung des TTC vor neun Jahren ging es steil aufwärts.
Im Konzert der Drittligisten zählt Neuling Düppel zu den Underdogs. Der Saisonetat von rund 30.000 Euro lässt nicht viel Spielraum, schon gar nicht für hauptamtliche Kräfte. Die Ligakonkurrenten Hertha BSC und 1. FC Köln, Abteilungen von Fußballbundesligisten, sollen über ein Mehrfaches an Finanzkraft verfügen. Zwar zählt Düppel immerhin knapp 400 Mitglieder und ist mit fast 20 Mannschaften am Spielbetrieb beteiligt, aber außer Kleinsponsoren wie Arztpraxen oder ein Landhotel aus Brandenburg interessiert sich in der Hauptstadt kaum ein Unternehmen für die Nischensportart Tischtennis.
Dem Geldmangel wird mit Engagement begegnet. „Da muss mit viel Herzblut gearbeitet werden. Unser bester Spieler bekommt kein Geld, sondern zahlt noch ein“, erzählt Lietzau. Der TTC-Manager meint damit seinen Sohn Markus, Zahnarzt und Düppels Vorsitzender, der mit seinem Unternehmen („Dentalsplace“) einen Teil des Etats beisteuert. Lietzau Junior (34) zählte einst zu Deutschlands Toptalenten und wurde mit dem heutigen Weltklassespieler Timo Boll Junioren-Europameister. Der Managersohn war sich trotzdem nicht zu schade, für den neu gegründeten TTC Düppel in der Kreisklasse an die Platte zu gehen.
Große Zuschauerresonanz
Der Einsatz trägt Früchte. Am Sonnabend bezwangen die Düppeler ihre Gäste aus Bergneustadt deutlich mit 6:1. Noch überraschender als das Spielresultat war die Zuschauerresonanz: 435 Fans erschienen in der Nordgrundschule. „Einfach sensationell“, freut sich Manager Lietzau.
Jetzt steht der TTC wieder da, wo er sich in den vergangenen Jahren so wohlfühlte: im Vorderfeld der jeweiligen Tabelle. Denn beim Saisonstart in die Dritte Bundesliga hatten Düppel auswärts bei Grün-Weiß Hamm mit 6:4 triumphiert. Jürgen Schulz
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