Sportplatz: Alte Dame mit Rauflust
FUSSBALL Hertha BSC verdirbt dem Europa-League-Neuling FC Augsburg beim 1:0-Auswärtserfolg den Bundesligaauftakt
Der Augsburger Spieler Abdul Rahman Baba verabschiedete sich später von den Kollegen, ehe er sich noch in der Nacht auf Sonntag aufmachen wollte nach London zu seinem neuen Verein FC Chelsea. Dass der Linksverteidiger Baba nach monatelangem Transferpoker geht, war aber nicht der Grund für die schlechte Laune der Augsburger nach dem misslungenen Ligaauftakt. Vielmehr echauffierten sie sich darüber, dass Boba geflogen war. „Eine schlechte Spielleitung“, monierte Trainer Markus Weinzierl scharf und bezog sich dabei vor allem auf die Umstände von Raul Bobadillas Gelb-Roter Karte.
Weinzierls Berliner Kollegen Pal Dardai konnten die ganzen Debattenüber die frühzeitigen Hinausstellungen von Bobadilla und seinem Profi Roy Beerens hinterher beinahe egal sein. Glücklich hatte seine Mannschaft von Hertha BSC ja durch Salomon Kalous Foulelfmeter beim FC Augsburg 1:0 (0:0) gewonnen, und die Rauflust, die die Alte Dame dabei gezeigt hatte, ließ den Berliner Trainer über die Schwächephase in der zweiten Halbzeit hinwegsehen.
„Das war ein Männersieg“, befand Dardai, weil man sich diesen „erarbeitet und erschwitzt“ habe, trotz der zahlreichen Augsburger Chancen in der Schlussphase. „Wir hatten Glück. Nicht nur Thomas Kraft hat gut gehalten, sondern auch Pfosten und Latte haben geholfen“, erkannte Dardai. Dennoch sei er „stolz“ auf seine Elf nach diesem Erfolg gegen „eine sehr gute Mannschaft“.
Verdorben hatten die Berliner damit dem FCA den Beginn seiner fünften Bundesligasaison, die von September an zudem die ersten Vereinsauftritte in der Europa League bereithält. Umso wertvoller wäre es für die bisher stets schlecht gestarteten Augsburger, zuvor einige beruhigende Punkte im Alltagsgeschäft zu sammeln. Nun aber empfanden sie sich um den verdienten Lohn gebracht. Weniger von der Hertha, sondern vielmehr von Schiedsrichter Tobias Welz.
Früh hatte Bobadilla die erste und wohl eher überzogene Verwarnung gesehen, dann erlaubte sich das Kraftpaket aus Paraguay allerdings einen Sprung mit Anlauf und vorgestrecktem Bein in Fabian Lustenberger auf Höhe der Mittellinie. Ein Bodycheck wie von einem Gaucho, der ein entlaufenes Rind einfangen will – gefehlt hätte nur noch der Schwitzkasten. Weinzierl führte jedoch an, dass der unbeherrschten Aktion ein Foul an Bobadilla vorausgegangen sei. Zudem habe sich dieser mit seinem Sprung vor einer Grätsche des Berliner Kapitäns schützen wollen. Für Dardai sah es dagegen so aus, als sei Lustenberger „abrasiert“ worden, und für diesen Eindruck bedurfte es weniger Fantasie.
Es war ein intensives Kampfspiel gewesen, und zu erkennen war das allein schon an jenem Kopfverband, den Augsburgs Kapitän Paul Verhaegh wegen einer getackerten Platzwunde tragen musste. Weil Welz kurz nach dem Seitenwechsel zudem den berechtigten Strafstoß zum 0:1 gegen den FCA verhängte, nachdem Ragnar Klavan ungeschickt gegen Kalou gegrätscht hatte, lud sich die Stimmung in der Augsburger Arena immer mehr auf. Beinahe jeder Zweikampf wurde fortan von Pfiffen und Protesten begleitet.
Welz trug dazu mit einigen fragwürdigen Entscheidungen auf beiden Seiten bei. In den entscheidenden Szenen lag er aber richtig. Maik Rosner
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