Sport und Politik in der Zukunft: Harmonisch und störungsfrei

Lukaschenko freut sich auf die EM in Belarus und alle freuen sich mit. Dieses Mal geht es beim Blick in die Zukunft um den Weltsport im Jahr 2028.

Präsident Lukaschenko gestikuliert.

Lukaschenko freut sich. Und vielleicht wird Belarus sogar Europameister! Foto: Valery Sharifulin/imago

Wir schreiben das Jahr 2028. Im Juni lädt Alexander Lukaschenko, der nimmermüde Fürst der Finsternis, zur Europameisterschaft im Männerfußball nach Belarus und alle folgen begeistert seinem Ruf.

Warum auch nicht? Die Praxis der Vergabe von Sportgroßveranstaltungen an Staaten, die einen weniger emanzipativen Style pflegen, stand viel zu lange unsinnig in der Kritik. Schließlich flutscht dort alles bestens, ohne das alberne Genöle naseweiser Bürger wegen milliardenteurer Stadien auf Kosten des Ausrichters, die nach der Sause keiner mehr braucht.

Wie herrlich egal es allen war, als nach der „WM ohne Zuschauer“ 2022 in Katar der Wüstensand das obsolete Geraffel zusammen mit den bleichenden Knochen der beim Bau umgekommenen Fremdarbeiter allmählich wieder bedeckte. Auch mit den Gay Games in Riad, die ohne die zu ihrer eigenen Sicherheit ausgesperrte LGBTQIA-Gemeinde harmonisch und störungsfrei verliefen, hatte man im vorigen Jahr nur die besten Erfahrungen gemacht.

Und schließlich ist es immer auch ein Geben und ein Nehmen. So konnte die Uefa in Belarus im Gegenzug für den Zuschlag politisch unheimlich viel bewirken: Während der drei Turnierwochen werden, bis auf die wirklich allernotwendigsten, sämtliche Hinrichtungen aufgeschoben. Das ist sehr gut für die Menschen dort.

Früher wollten alle wissen, was sie erwartet, heute haben die meisten schon von der Gegen-wart genug. Wir blicken trotzdem einmal im Monat immer ein Jahr voraus.

„Gutes tun und nicht darüber schweigen“, lautet das Motto des neuen Uefa-Präsidenten Le­andre de Funès, der leichtes Spiel hatte, das Exekutivkomitee von der Eignung des von ihm favorisierten Gastgeberlands zu überzeugen. Der Großcousin des berühmten Komikers Louis de Funès und langjährige Chef der rechtspopulistischen Spaßpartei „Le dernier qui rit“ („Der Letzte, der lacht“) hat mit dem Amt an der Verbandsspitze zugleich ein kompliziertes Erbe angetreten:

Der „Relevance Cup“, bei dem die jeweiligen Tabellendreizehnten bis -fünfzehnten der europäischen Ligen gegeneinander antreten, spielt noch nicht einmal die Benzinkosten der Teilnehmer bei Anreise im eigenen Pkw ein. Und die „Liga der Besten“ aus Newcastle United, Bayern München und Real Madrid erinnert fatal an die Eishockey-Liga der DDR: Tausendmal Weißwasser gegen Dynamo, tausendmal Dynamo gegen Weißwasser. Es gibt viel zu tun.

Immerhin werden wir bei der EM aufregende neue Mannschaften sehen: Diesmal vermochten sich auch Andorra und Liechtenstein zu qualifizieren, dank des klimabedingten Wegfalls spielstarker Küstenländer wie England, Niederlande und Italien. Statt „Dabei sein ist alles“, heißt es nun: „Alle sind dabei.“

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Seit 2001 freier Schreibmann für verschiedene Ressorts. Mitglied der Berliner Lesebühne "LSD - Liebe statt Drogen" und Autor zahlreicher Bücher.

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