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Sponsor zieht Geld zurückNur ideeller Preis für Peter Handke

Der Schriftsteller Peter Handke erhält zwar den "Candide"-Preis 2011, muss aber auf das Preisgeld von 15.000 Euro verzichten. Dem Sponsor passt Handkes Haltung zum Balkankrieg nicht.

Bekommt einen Preis – aber kein Geld: Der österreichische Schriftsteller Peter Handke. Bild: reuters

MINDEN dapd | Wieder ein Literaturpreis und wieder Ärger für Peter Handke: Nach dem Wirbel um den Heinrich-Heine-Preis 2006 steht der 68-jährige Autor erneut im Mittelpunkt einer missratenen Ehrung. Eigentlich hatte sich die Jury des Mindener "Candide"-Preises für den umstrittenen Schriftsteller als diesjährigen Preisträger entschieden.

Die Auszeichnung des Literarischen Vereins Minden sollte mit 15.000 Euro dotiert sein. Doch dem Sponsor habe die Jury-Entscheidung nicht gepasst, sagte der Vereinsvorsitzende Gerd Voswinkel am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa und bestätigte Berichte des Mindener Tageblatts und der Süddeutschen Zeitung.

Das Preisgeld hatte die Kolbus GmbH aus dem nahe gelegenen Rahden vertraglich zugesagt, ebenso wie die völlige Unabhängigkeit der Jury, sagte Voswinkel. Anfang September habe sich die Jury auf Handke festgelegt. Der Geschäftsführende Gesellschafter von Kolbus, einer der weltweit größten Hersteller von Buchbindemaschinen, Kai Büntemeyer, habe dagegen protestiert und eine andere Entscheidung verlangt.

Nach der Weigerung der Jury habe Büntemeyer tags darauf seinen Ausstieg erklärt, berichtete Voswinkel. Handkes Haltung zu Serbien könne ein Reizthema für seine amerikanischen Kunden sein, habe Büntemeyer gesagt.

Trotz des Ärgers werde die Auszeichnung vergeben. Jurymitglied und Autorin der Süddeutschen Zeitung Franziska Augstein habe angeboten, das Preisgeld und die anderen Kosten zu übernehmen, sagte Voswinkel. Das habe Handke abgelehnt. Nun werde ihm der Preis als ideelle Auszeichnung zuerkannt. Die für Ende Oktober geplante feierliche Übergabe wurde aber abgesagt, da Handke nicht nach Minden kommen wollte.

2006 sollte Handke den Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf bekommen. Doch seine Pro-Serbien-Haltung missfiel vielen Stadträten, so dass Handke auf die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung verzichtete. Er wollte sich nicht weiter "Pöbeleien" von Lokalpolitikern aussetzen, sagte er zur Begründung. Kritiker werfen Handke eine Verharmlosung serbischer Kriegsverbrechen vor. 2006 hatte er an der Beerdigung des jugoslawischen Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic teilgenommen.

Kai Büntemeyer war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. "Candide" ist der naive Held einer satirischen Novelle des französischen Philosophen Voltaire. "Der Candide-Preis scheint tot zu sein, wenn wir keinen neuen Sponsor oder lieber noch einen Mäzen finden", sagte Voswinkel.

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